Essen-Rüttenscheid. . Auch der Regen konnte die vielen Oldtimerfans nicht abschrecken. Die Redaktion begleitete die Fahrt in einem VW Samba Bus, Baujahr 1965. 30 PS und 23 Fenster.
Regen kann echte Oldtimerfahrer nicht abschrecken. 130 haben für die diesjährige Tour de Rü ihre glanzpolierten Schätze zum Start am Stadtgarten aufgereiht; manche schützen ihre Cabriolets ganz praktisch mit aufgespannten Schirmen. „Was hier an spektakulären Autos versammelt ist, ist deutschlandweit einzigartig“, schwärmt Rolf Weidmann, der mit seinem Bentley von 1955 zum sechsten Mal dabei ist.
Für die 12. Auflage hat sich Streckenplaner Claudio Schlegtendahl wieder monatelang die Nächte um die Ohren geschlagen, ist die Tour mehrfach abgefahren, hat die Route immer wieder verändert, bis sie seinen Ansprüchen genügte. Jetzt liegen 240 Kilometer vor den Teilnehmern - auf verschlungenen Wegen, über Berge und durch Täler, vorbei an blühenden Rapsfeldern und kleinen Ortschaften. Möglichst wenig Autobahn, dafür umso mehr kleine Straßen lautet die Devise der Rallye. Die startet pünktlich um 9 mit einer ersten Fahrt über die noch verschlafene Rüttenscheider gen Süden.
Unser Team hat es sich in einem Klassiker der Flower-Power-Generation gemütlich gemacht: Mit dem VW Samba Bus sind in den Sechziger Jahren so manche Hippies gen Indien gerollt; wir wollen nur nach Düsseldorf und wieder zurück. Nein, unser liebevoll restaurierter Bus, Baujahr 1965, war noch nie in Asien, weiß Besitzerin Bärbel Maag. Aus Kalifornien stammt der korallenrot und cremefarben lackierte Wagen, der nicht weniger als 23 Fenster besitzt. Dafür nur 30 PS, keine Tankanzeige und keine Kopfstützen.
Fahrer Stefan Schliebusch muss sich ein wenig krumm machen, um durch die Windschutzscheibe zu sehen. Das Riesenlenkrad vor dem Bauch steuert er uns ganz ohne Servolenkung oder Bremsverstärker durch das Bergische Land. Bärbel Maag hat die Navigation übernommen: Auf ihrem Schoß liegt das Logbuch, mit deren Hilfe sie den Fahrer routiniert über Kupferdreh, Hattingen, Velbert, Wuppertal in die Landeshauptstadt führt.
Als wir dort nach knapp drei Stunden ohne Verzögerung an der Galopprennbahn eintreffen, sind wir gefühlt die Ersten – doch der Parkplatz ist bereits zur Hälfte mit Oldtimern gefüllt. Während die meisten die Pause zum Essen nutzen, beugt sich Reiner Liedtke besorgt über den Motor seines Triumph TR3, Baujahr 1958. Die Gasrückholfeder ist abgesprungen, „ich musste die ganze Fahrt über mit einer Kordel das Gaspedal zurückholen“, erklärt er. Improvisation bei kleineren und größeren technischen Unwägbarkeiten – damit leben Oldtimerfans, und das macht den Reiz dieses Hobbys aus. Davon weiß auch Klemens Keyser ein Lied zu singen: zwei Mal musste er die Tour in letzter Minute absagen, weil sein 88 Jahre alter Austin A7 streikte. Jetzt hat er zum ersten Mal die Fahrt geschafft und ist nur eines: glücklich. Die Rückfahrt ist nicht ganz so entspannt - mehrfach verfahren wir uns, wenden vor staunenden und klatschenden Fußgängern, die mit großem Vergnügen die Oldtimer-Lawine auf ihren Smartphones festhalten. Der Lohn für alle Mühe wartet schließlich mit hunderten Zuschauern auf der Rüttenscheider Straße, die für die Tour nicht nur den roten Teppich ausgerollt hat. Auch der Himmel ist regenlos.
Zum elegantesten Auto wählte eine fünfköpfige Frauenjury einen Jaguar XK 140 SE, Baujahr 1955 mit 210 PS. Den Preis für das am besten restaurierte Auto erhielt ein Borgward Isabella TS Deluxe, Bj. ‘61. Den Wertungspreis errang ein Frauenteam mit seinem Mercedes 220 SE Cabrio, Bj. 1962.