Essen-Bergerhausen. . Zum 100-jährigen Bestehen der Bergerhauser Kirche St. Hubertus forschte das Historiker-Ehepaar Lindemann in Archiven und schrieb ein Buch.

Als Anfang Januar 2014 der Blitz in den Kirchturm von St. Hubertus einschlug und ihn in Brand setzte, wurde das Gotteshaus schlagartig bekannt. Dabei wollte die Gemeinde St. Hubertus und Raphael im letzten Jahr eigentlich nur das 100-jährige Bestehen der imposanten katholischen Kirche an der Töpferstraße feiern, die eine Woche vor Beginn des Ersten Weltkriegs geweiht wurde. Die Geschichte beleuchtet jetzt das Historiker-Ehepaar Dr. Valeska (71) und Dr. Klaus Lindemann (73) in dem Buch „St. Hubertus und Raphael Essen-Bergerhausen – Geschichte einer Gemeinde und ihrer Kirche im Ruhrgebiet“. 250 Exemplare werden ab 9. April verkauft.

Nach den Recherchen der Lindemanns war St. Hubertus die letzte neugotische Großkirche, die in Deutschland gebaut wurde. Die Autoren wollen aber keineswegs nur architektonische Besonderheiten beleuchten, sondern vor allem den Blick auf die Entwicklung der Gemeinde im Wandel der Zeit richten. Beide gehören selbst zur Gemeinde, Valeska Lindemann hilft seit Jahren in der Bücherei, Klaus Lindemann war im Gemeinderat.

St. Lambertus wurde zu klein

Das Jubiläumsjahr ist zwar vorbei, aber das Buch bietet interessante Hintergründe. „Zum Glück konnten wir auf frühere Recherchen zurückgreifen, so dass wir nicht mehr jedes Archiv durchsuchen mussten“, sagt Valeska Lindemann, die mit ihrem Mann schon etliche Bände zur Rellinghauser Geschichte veröffentlicht hat. Und die steht in engem Zusammenhang mit der Gemeindegeschichte von St. Hubertus und Raphael, war doch die Rellinghauser Gemeinde St. Lambertus, zu der die Bergerhauser heute wieder gehören, die Muttergemeinde.

Ende des 19. Jahrhunderts nahm in Rellinghausen die Zeche Schnabel ins Osten die Förderung auf, immer mehr Menschen zogen ins Umfeld. „Die Kirche St. Lambertus wurde irgendwann zu klein“, so Klaus Lindemann. Während in Rellinghausen bürgerliche Familien und Bergarbeiter lebten, entwickelte sich Bergerhausen bis in die 1920er-Jahre zum reinen Arbeiterstadtteil. „Eigentlich baute man ja die Kirche im Zentrum des Stadtteils. Das wäre ungefähr da gewesen, wo heute die evangelische Kirche an der Weserstraße steht“, so Klaus Lindemann. Wegen vieler Gruben im Untergrund habe man von diesem Standort abgesehen. Da Rüttenscheid, Huttrop und Bergerhausen aber sowieso zusammenwachsen sollten, wählte man die Töpferstraße als Schnittpunkt der drei Stadtteile als Standort. Die Theologie sei damals am Mittelalter orientiert gewesen. So zelebrierte der Priester die Messe vom erhöhten Standpunkt und mit dem Rücken zur Gemeinde. Es habe eine klare Trennung zwischen Klerus und Volk gegeben. „Frauen durften nicht hinter die Kommunionbänke Richtung Altar treten“, hat Valeska Lindemann herausgefunden. Erst nach dem Konzil seien in den 1970er-Jahren die Kommunionbänke als „Schranke“ entfernt, die Gläubigen in den Gottesdienst einbezogen worden. Valeska Lindemann untersuchte auch sprachliche Aspekte: „Auffallend ist, dass sich zum Beispiel Gremien wie die KAB mit Begriffen wie Führer und Volksgemeinschaft deutlich an das Vokabular der Nationalsozialisten angelehnt haben.“

Das Buch hat 188 Seiten und enthält zahlreiche Schwarz-Weiß-Fotos. Es ist für zwölf Euro ab heute in St. Hubertus und Raphael erhältlich.

Die Autoren stellen das Buch und seine Entstehungsgeschichte am Donnerstag, 9. April, ab 18 Uhr in einem Gruppenraum der Gemeinde an der Ederstraße 19 vor.