Essen-Haarzopf/Fulerum. . Der druckfrische Band „Haarzopf/Fulerum – gestern und heute“ zeigt, dass die Orte bei aller Veränderung ihren Charakter beibehalten haben. Die Autoren schauen in die Vergangenheit – und zeigen gleichzeitig, was sich die Bürger aktuell wünschen.

Was ein Schreiber des Klosters Werden in feinsäuberlicher Handschrift irgendwann Ende des Jahres 1215 aufs Pergament brachte, es ist für die Haarzopfer auch 800 Jahre später noch von entscheidender Bedeutung: Die noch immer erhaltene Urkunde, die heute im Schloss Cappenberg bei Lünen aufbewahrt wird, gilt als erste namentliche Erwähnung des Stadtteils. Damals noch als „Villa Hartzappe“ bekannt, hat Haarzopf eine bewegte Geschichte hinter sich – und kann angesichts zahlreicher Neubauten mit vielen jungen Familien in eine ebenso spannende Zukunft schauen.

Beides versucht der druckfrisch erschienene Band „Haarzopf/Fulerum – gestern und heute“ miteinander zu verbinden. „Das Buch richtet sich sowohl an jene, die immer hier gelebt haben, aber auch an unsere Neubürger, die den Stadtteil entdecken und ihn verstehen lernen möchten. Wir wollen Identität stiften“, sagt Horst Holtwiesche, Vorsitzender des Bürgervereins, der den Band herausgegeben hat – und schon die 800-Jahr-Feier 2015 vorbereitet.

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Hinter der Arbeit stecken die Jugendfreunde Haarzopf – ein Kreis aus seit Kindheitstagen befreundeten Rentnern, die den Stadtteil wie ihre Westentasche kennen. Ehrenamtlich haben sie fast ein Jahr lang Texte und rund 150 Bilder zusammengetragen. Vor allem Hobby-Historiker Herbert Schmitz hat sich intensiv mit der Historie auseinandergesetzt. Auch auf die dunkle Zeit Haarzopfs während des Zweiten Weltkriegs geht der Band ein, widmet ein Kapitel der Außenstelle des Konzentrationslagers Buchenwald an der Humboldtstraße (wir berichteten). So nimmt Herbert Schmitz auch aktuellen Bezug und erinnert an den Besuch von Judith Altmann im August dieses Jahres. Sie war eines der jüdischen Mädchen aus dem Barackenlager, das am 17. März 1945 von Essen nach Bergen-Belsen transportiert wurde. Das Gespräch mit ihr habe ihn berührt, ist Schmitz noch immer bewegt.

Interviews mit 15 Haarzopfern

Darüber hinaus liefert das 120 Seiten starke Buch auch Anregungen, was es in Haarzopf noch anzupacken gilt. Andrea Heßmann-Schwalenstöcker führte zahlreiche Interviews, befragte 15 Haarzopfer zu Lieblingsplätzen und Schandflecken, zu Freizeitverhalten und Wünschen. Nennen ein Großteil der Befragten den dörflichen Charakter Haarzopfs und die Nähe zu Wäldern und Feldern als Besonderheiten, so verweisen sie auch auf Orte, die dem Stadtteil nicht gut zu Gesicht stehen: Die leerstehende Rewe-Filiale an der Humboldtstraße, wilde Müllkippen rund um den nahe gelegenen Flughafen und das ehemalige Vereinshaus Haarzopf etwa. Einigkeit herrscht bei den Befragten auch darin, dass der Stadtteil durch die „Neue Mitte“ dazu gewonnen hat. Gleichzeitig vermissen viele die persönlichen Gespräche mit ortsansässigen Händlern, die ihre Kunden früher noch mit Namen begrüßten. „Die Interviews“, sagt Holtwiesche, „zeigen, wie sich Haarzopf verändert und gleichzeitig seinen dörflichen Charakter beibehalten hat.“ Alle Befragten sprachen sich für den Erhalt der Evangelischen Kirche als Wahrzeichen aus. Da trifft es sich gut, dass die Erlöse aus dem Buchverkauf an die Evangelische Gemeinde gehen.