Essen-Rüttenscheid. . Die Rüttenscheider Buchhandlung „Alex liest Agatha“ beteiligt sich an der bundesweit ersten Woche unabhängiger Buchhandlungen. Damit will die Branche zeigen, dass sie im Kampf gegen Amazon und Co. bestehen kann und wird. In Rüttenscheid holt man sich dafür mit Piet Klocke Prominenz ins Boot.

Als Susanne Böckler im Jahr 1997 die kleine „Alexander-Buchhandlung“ an der Rüttenscheider Straße 162 übernimmt, steckt der Internetriese Amazon noch in den Kinderschuhen. Die heute 49-Jährige hat zuvor im Personalwesen gearbeitet und erfüllt sich mit dem Schritt in die Selbstständigkeit einen Kindheitstraum. „Ich verschlinge Bücher, seit ich lesen kann“, sagt sie.

Die Traditionsbuchhandlung, die an diesem Standort bereits seit 1948 besteht, tauft sie im Sinne ihrer Schriftsteller-Ikone Agatha Christie auf „Alex trifft Agatha“ um, spezialisiert sich auf Krimis und anthroposophische Werke. Böckler hat viele sogenannte Independent-Verlage in den Regalen stehen – mit Titeln, denen man nicht zwingend bei Amazon oder den großen deutschen Filialisten Thalia und Mayersche über den Weg läuft. Dennoch sei der Kampf ums Überleben nicht immer einfach, wie Susanne Böckler sagt: „Natürlich gibt es Phasen, in denen ich mich frage, wie es weitergeht. Auf der anderen Seite bin ich mit diesem Laden verwachsen, da steckt viel Herzblut drin.“

Deswegen zögerte sie auch keine Sekunde, als die Berliner Kiezbuchhandlung „Buchbox“ in diesem Jahr zum ersten Mal die „Woche unabhängiger Buchhandlungen“ ins Leben ruft. Noch bis Sonntag, 16. November, laden kleine Buchhandlungen vom Bodensee bis Berlin zu Lesungen und Veranstaltungen ein, um Literatur erlebbar zu machen. Und um auf Bücher hinzuweisen, deren Lesenswert nicht an ihrem Platz auf der Bestsellerliste festgemacht wird.

„Kritik an Internetriesen nimmt zu“

„Alex liest Agatha“ hat sich dafür prominente Unterstützung mit ins Boot geholt: Heute Abend liest Stammkunde Piet Klocke gemeinsam mit der Ruhrgebiets-Autorin Ursula Sternberg (ab 19 Uhr, Eintritt frei).

Ebenso wie die Veranstalter der Themenwoche glaubt auch sie nicht an das Aussterben des Buchhandels um die Ecke. „Die Kritik an den Internetriesen nimmt zu – nicht zuletzt wegen ihrer fehlenden Steuer-Moral und umstrittenen Arbeitsbedingungen. Außerdem wächst der Wunsch der Menschen, dass sich die Welt ein bisschen langsamer dreht“, sagt sie. Zudem stimmen sie die Ankündigungen der Kulturstaatsministerin Monika Grütters hoffnungsfroh, die jüngst eine Million Euro für den unabhängigen Buchhandel versprach. „Das Geld für Investitionen fehlt, für uns wäre schon ein Krümel von diesem Kuchen von großer Bedeutung“, so Böckler.

Und auch eine ganz lokale Entwicklung könnte den drei inhabergeführten Rüttenscheider Buchläden – Papeterie Petersen, Buchkontext und eben Alex liest Agatha – Aufschwung bringen: Die Schließung der Thalia-Filiale an der Ecke Martinstraße Mitte Januar.

„Wir punkten mit besserer Beratung“

Auch Bernd Köster, der seit acht Jahren „Buchkontext“ im Girardethaus führt, glaubt fest an die Zukunft kleiner Buchhandlungen. „Das Angebot ist qualitativ hochwertiger und außerdem häufig spezialisierter“, sagt er. Bei Bochkontext liegt ein Fokus auf Wirtschafts- und Politik-Literatur. Als Kongressbuchhandlung pflegt Köster zudem den Kontakt in Gewerkschafts- und Unternehmerkreisen, hört genau hin, welche Bücher bei diesen Kunden gerade gefragt sind.

„Nicht zuletzt sind wir aber auch eine Stadtteil-Bibliothek, die den Menschen aus der Nachbarschaft auch den klassischen Thriller oder Krimi bietet“, sagt Köster. Dadurch, dass viele kleine Buchhandlungen sich durch den eigenen Online-Versand längst selbst ein zweites Standbein aufgebaut haben, sieht er auch in Amazon nicht mehr die größte Konkurrenz: „Auch wir können häufig binnen eines Tages liefern, außerdem punktet inhabergeführter Buchhandel mit Beratung.“ Und die gehe über die von Amazon automatisch generierten Angebote deutlich hinaus.