Essen-Holsterhausen. Das Wohnungsunternehmen Vivawest übernimmt die Cranachhöfe, zentraler Immobilienkomplex in Essen-Holsterhausen.

Es war in den vergangenen Wochen ein wohl gehütetes Geheimnis, an wen die Holsterhauser Cranachhöfe verkauft werden. Jetzt steht der neue Eigentümer fest: Das Wohnungsbauunternehmen Vivawest wird den Immobilienkomplex von der Essener Allbau übernehmen.

Das Essener Unternehmen will mit dem Geld in die Stadtentwicklung investieren

Der Übergang soll zum 1. August erfolgen, teilten beiden Unternehmen in gemeinsamen Presseerklärung mit. Vorher wolle man die Mieter schriftlich über den Besitzerwechsel informieren. Zu den Cranachhöfen gehören 71 Wohnungen, der Edeka-Markt, der zentrale Sitz der Essener Arbeiterwohlfahrt, eine Kita der Awo und zudem noch zahlreiche Büros.

Allbau-Geschäftsführer Dirk Miklikowski: Der Verkaufserlös soll in Projekte des öffentlichen Wohnungsbaus fließen.
Allbau-Geschäftsführer Dirk Miklikowski: Der Verkaufserlös soll in Projekte des öffentlichen Wohnungsbaus fließen. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Allbau hat sich nach eigenen Angaben zu dem Verkauf entschieden, um mit dem Geld „an anderer Stelle in Essen erneut wirkungsvoll zu investieren“. Über den Kaufpreis haben beide Seiten allerdings Stillschweigen vereinbart. Geschäftsführer Dirk Miklikowski erklärte, dass man mit den Summen Projekte im öffentlichen Wohnungsbau umsetzen wolle und zudem ein größeres Stadtentwicklungsvorhaben bevorstehe. Details wolle er zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht nennen.

Anfangs gab es neun Kaufinteressenten für die Cranachhöfe

https://www.waz.de/staedte/essen/essen-allbau-wegen-verkauf-der-cranachhoefe-in-der-kritik-id228825335.htmlDas städtische Unternehmen hatte das gesamte Gelände in Holsterhausens Mitte erst vor gut sechs Jahren übernommen, das baufällige Berufskolleg abreißen lassen und ein neues Zentrum für den Stadtteil errichtet. Im November habe man dann mit der Suche nach einem Käufer begonnen, erläuterte der Geschäftsführer. Anfangs habe Allbau mit neun Interessenten verhandelt. Die Entscheidung sei aber schließlich zu Gunsten von Vivawest gefallen. Mit dem Gelsenkirchener Unternehmen sei man in Fragen des Kaufpreises und weiterer vertraglicher Bestimmungen handelseinig geworden. Zu den Konditionen gehört nach Angaben von Miklikowski, dass den Mietern in den nächsten zehn Jahren nicht gekündigt werden darf und „Luxussanierungen“ von Büros und Wohnungen ausgeschlossen seien. Die Mieten für die öffentlich geförderten Wohnungen seien ohnehin festgelegt, bei den frei finanzierten Wohnungen gelte der Essener Mietspiegel.

Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart

Unternehmen bewirtschaftet rund 120.000 Wohnungen

Vivawest gehört zu den führenden Wohnungsanbietern in Nordrhein-Westfalen mit rund 120.000 Wohnungen an Rhein und Ruhr.

Für das Unternehmen sind rund 2000 Mitarbeiter tätig. Die Zentrale befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Nordstern in Gelsenkirchen-Horst.

Zu den Gesellschaftern des Unternehmens gehören die Ruhrkohle AG, die RAG-Stiftung, die Gewerkschaft IGBCE und die Firma Evonik.

Vivawest ist aus dem Zusammenschluss von Evonik Immobilien und THS Wohnen hervorgegangen, die Bergbauwohnungen verwaltete.

Zu den aktuellen Projekten von Vivawest in Essen gehört der Parc Dunant in Rüttenscheid und das Wohnbauprojekt an der Manfredstraße.

Vivawest bezeichnet Miklikowski als „Garant für eine verantwortungsvolle, erfolgreiche und nachhaltige Immobilienentwicklung und -bewirtschaftung in dieser Region“. Beide Unternehmen seien „seit Jahren freundschaftlich miteinander verbunden und haben bereits an anderen Stellen in Essen, wie beispielsweise im Stadtteil Vogelheim, erfolgreich im Sinne des Stadtumbaus agiert“. Für die Sprecherin der Vivawest-Geschäftsführung, Claudia Goldenbeld, sind die Cranachhöfe „ein qualitativ hochwertiger Neubau“, der den Wohnungsbestand des Unternehmens in Essen „bestens ergänzt“. Über die Vertragsbedingungen möchten Vertragsparteien allerdings nichts sagen.

Im Vorfeld des Verkaufs hatten unter anderem die SPD und die Linken heftige Kritik geäußert. Benno Justfelder, Vorsitzender der SPD Holsterhausen, bemängelte insbesondere das gesamte Verfahren. Man habe den Eindruck gewonnen, dass die politischen Gremien nicht einbezogen werden sollten, obwohl es sich bei Allbau doch um ein städtisches Unternehmen handele. Mittlerweile habe sich der Hauptausschuss mit dem Thema befasst, erklärte Justfelder jetzt auf Anfrage, und der Verkauf habe einhellige Zustimmung gefunden. Nach seiner Ansicht hätte Allbau aber viel früher die Mieter informieren müssen. Sie würden jetzt vor vollendete Tatsachen gestellt. Mit Vivawest sei allerdings ein Käufer gefunden worden, der einen guten Ruf genieße und an zahlreichen Projekten in Essen beteiligt sei.

Kritik im Vorfeld des Verkaufs

Linken-Ratsherr Wolfgang Freye betonte, dass seine Fraktion auch im Hauptausschuss den Verkauf abgelehnt habe. Die Cranachhöfe sollten als noch recht junges Projekt im Besitz vom Allbau bleiben. Freye verwies zudem auf ein grundsätzliches Problem, mit dem die städtische Tochter zu kämpfen habe. Die Gewinnabführung an den städtischen Haushalt sei zu hoch und schränke die Handlungsmöglichkeiten erheblich ein. In dem Zusammenhang stehe auch der Verkauf der Cranachhöfe. Der Allbau sehe sich gezwungen, auf diese Weise frisches Geld zu bekommen.

42 Sozialwohnungen besten in den Cranachhöfen

Über viele Jahre wurde über den Zustand des Holsterhauser Berufskollegs diskutiert. Schließlich erhielt der Allbau den Auftrag, Pläne für ein neues Zentrum zu entwickeln, die den Abriss des maroden Gebäudes vorsahen.

Die Cranachhöfe entstanden in den Jahren von 2016 bis 2019. Von den 71 Wohnungen, die der Komplex zu bieten hat, sind 42 öffentlich gefördert. Nach Angaben von Allbau sind alle Einzelhandelsflächen in dem zentralen Gebäude von Holsterhausen bis auf eine Ausnahme komplett belegt. Lediglich eine Fläche sei bislang noch nicht vermarktet worden.

Neben einer Wohn- und Nutzfläche von 14.019 Quadratmetern und einer Tiefgarage auf zwei Ebenen bieten die Cranachhöfe noch rund 3800 Quadratmeter an Büroflächen.