Essen-Holsterhausen. Er galt als das Gesicht der Essener Erlöserkirche, nun geht Küster Reinhold Maler nach fast 30 Dienstjahren in den Ruhestand.

Ein Lächeln und nette Worte hat Reinhold Maler für Besucher immer parat und das seit 28 Jahren. Sein Beruf als Küster der Erlöserkirche an der Friedrichstraße ist ihm zur Berufung geworden. Doch nun geht er, der als das Gesicht des Gotteshauses gilt, in den Ruhestand.

Kirchliches Amt bereicherte das Leben des Küsters in Essen-Holsterhausen

Ein Küster ist ein Kümmerer. So hat auch Reinhold Maler seine Tätigkeit stets verstanden und widmete sich einer Fülle an Aufgaben. Er bereitete den Kirchraum für Gottesdienste vor, hieß die Gäste am Eingang willkommen. Wenn sie anschließend noch zum Kaffee blieben, half er mit, die Tafel zuzubereiten. Bei Trauungen, Taufen, Konfirmationen und Trauerfeiern war er es, der im Hintergrund Regie führte. Er habe sich darüber hinaus immer bemüht, ein offenes Ohr für die Fragen, Sorgen und Probleme der Menschen zu haben. Wenn der 63-Jährige davon erzählt, dass viele Leute das Gespräch suchten, um ihr Herz auszuschütten, dann zeigt es, dass der gebürtige Dellwiger wohl zu Recht als gute Seele der Gemeinde gilt. Im Laufe der Jahre sei er immer stärker in dem Beruf aufgegangen. Die vielfältigen Kontakte inner- und außerhalb der Gemeinde hätten ihm viel gegeben und sein Leben bereichert.

Durch die 60 Jahre alte Schuke-Orgel hat Kirchenmusik in dem Holsterhauser Gotteshaus einen besonderen Stellenwert.
Durch die 60 Jahre alte Schuke-Orgel hat Kirchenmusik in dem Holsterhauser Gotteshaus einen besonderen Stellenwert. © André Hirtz / FUNKE Foto Services | André Hirtz

https://www.waz.de/staedte/essen/orgelfuehrung-in-der-evangelischen-erloeserkirche-id212016515.htmlNoch immer glänzende Augen bekommt der Essener bei den Erzählungen, wie alles begann. Zwölf Ehepaare hatten sich seinerzeit auf die Kombi-Stelle beworben, erinnert er sich noch gut. Denn gesucht war neben einem Küster noch eine Frau, die sich für das Gemeindeleben engagierte. Seiner Ehefrau Angelika und ihm gelang es schließlich, das Presbyterium, also das höchste und entscheidende Gremium der Gemeinde, zu überzeugen. Die Szene, als ihnen Finanzkirchmeister Christian Eckertz, auch heute noch im Amt, die frohe Botschaft überbrachte, hat er noch genau vor Augen.

Enge Verbundenheit zu den Menschen in der Gemeinde

Das Küsteramt hat „uns beiden von Beginn an große Freude bereitet“, sagt der Familienvater. Ein großes Vertrauensverhältnis habe stets zu den Pfarrern der Gemeinde bestanden. „Die enge Verbundenheit zur Gemeinde ist bis zum heutigen Tage geblieben“. Seine Frau musste vor einigen Jahren aus gesundheitlichen Gründen ihr Amt aufgeben, habe ihm aber immer den Rücken frei gehalten, um sich seiner Arbeit widmen zu können. „Bei einer solchen Stelle gibt es nun mal keinen festgelegten Acht-Stunden-Tag.“ Da melden sich am Abend, wie Maler berichtet, Brautleute, die noch Fragen zum Gottesdienst haben, oder Handwerker wollen noch schnell einen Termin vereinbaren. In den aktuellen Corona-Zeiten rufen Leute an, die wissen wollen, wann die Kirche geöffnet ist. Allen diesen Leuten weiterzuhelfen, ist ihm wichtig.

Die Evangelische Erlöserkirche ist ein neoromanisches Kirchenbauwerk, das seit 1986 unter Denkmalschutz seht.
Die Evangelische Erlöserkirche ist ein neoromanisches Kirchenbauwerk, das seit 1986 unter Denkmalschutz seht. © FUNKE Foto Services | Ulrich von Born

Dabei hatte der Berufsweg von Reinhold Maler einen ganz anderen Anfang genommen, blieb er doch bei der Berufswahl seinem Hausnamen treu. Als er aber Mitte 30 war, sah er die Zeit gekommen, dem Leben noch mal eine neue Wendung geben zu wollen. Da sich das Ehepaar Kirche und Glauben immer eng verbunden fühlte, „stach uns die Ausschreibung regelrecht ins Auge, zumal die Erlöserkirche zu den bedeutenden Gotteshäusern der Stadt gehört, regelrecht ein Prachtbau“. Augenzwinkernd merkt Reinhold Maler an, dass er seinerzeit bei einer Firma mit dem Namen „Gottschling“ beschäftigt war.

Im Laufe der Jahre habe sich die Arbeit durchaus verändert, sagt Maler. Immer häufiger war das Gotteshaus, das immerhin 1000 Besucher Platz biete, als Konzertort gefragt, und er sorgte sich beispielsweise um technisches Equipment. Allein schon die drei Chöre (Bachchor, Gospel & More, Kantoreichor), die die Erlöserkirche als Heimstätte haben, laden häufig zu Veranstaltungen ein. Darüber hinaus würden hier aber auch gern das Uni-Orchester Essen-Duisburg oder der Musiker Wolf Codera gastieren und ein großes Publikum anlocken, berichtet der scheidende Küster. In bester Erinnerung sind Reinhold Maler noch Interpreten wie Ivan Rebroff, René Kollo oder die Sängerin Nicole geblieben. Trotz ihrer großen Namen „waren sie offen und ungezwungen und hatten eine ungemeine Ausstrahlung“.

Das Leben in der Gemeinde hat sich enorm gewandelt

Neuer Küster war vorher in der Thoma-Kirche tätig

Eigentlich war für den letzten Arbeitstag von Reinhold Maler am 31. Mai eine Abschiedsfeier geplant. Doch aufgrund der Corona-Einschränkungen wurde sie verschoben und soll nun voraussichtlich am 20. September stattfinden.

Nachfolger Thorsten Mitscher war einer von 20 Bewerbern auf das Küsteramt. Der gebürtige Stoppenberger hat ein solche Stelle seit Oktober 2018 in der dortigen Thoma-Kirche inne. Zuvor übte er verschiedene Berufe aus, war unter anderem Bus- und Tramfahrer bei der Ruhrbahn. Der 46-Jährige ist alleinerziehender Vater von zwei Kindern.

Gewandelt habe sich auch das Gemeindeleben. Viele Gruppen, ob Bastel- oder Schachkreis, treffen sich nicht mehr, aber dennoch gebe es enge Kontakte untereinander. Schöner wäre es, wünscht sich Maler, wenn mehr junge Menschen in den Kirchenalltag mitwirken würden, hat aber auch zugleich wieder Verständnis: „Die berufliche Belastung in heutiger Zeit lässt vielleicht nicht mehr genügend Freiräume“.

Wenn Reinhold Maler künftig viel Freizeit hat, dann wird er sie zunächst einmal dazu nutzen, in seinem neuen Domizil in Bottrop-Kirchhellen heimisch zu werden. In die kirchliche Dienstwohnung wird Nachfolger Thorsten Mitscher Einzug halten. Die freien Wochenenden könnten sicherlich auch zu verlocken, wenn Corona mal vorüber ist, sich Spiele der Fußball-Regionalliga anzuschauen. Denn Maler fiebert für Rot-Weiss Essen.