Essen-Rüttenscheid. Bei einem Wohnkomplex in Essen-Rüttenscheid weigern sich die Entsorger, Mülltonnen für die Leerung heranzuholen. Besitzer prüfen den Rechtsweg.

Seit über 40 Jahren wohnt Jürgen Dietrich an der Witteringstraße und war stets zufrieden mit dem Service der Essener Entsorgungsbetriebe (EBE). Doch jetzt hat das Unternehmen ihm und weiteren 21 Eigentümern des Gebäudekomplexes eine Abfuhr erteilt, „die wir nicht dulden wollen“, sagt der 72-Jährige.

Argumente der Essener Entsorgungsbetriebe sind für Anwohner nicht schlüssig

Die EBE lehne es seit einigen Wochen ab, die Tonnen zur Leerung an die Straße zu holen, erklärt der gewählte Beirat der Eigentümergemeinschaft. Zur Begründung heiße es, die Abfallbehälter stünden auf einem zu hohen Podest. Das Argument sei für die Eigentümer in mehrfacher Hinsicht aber nicht schlüssig, sagt Dietrich. „Wir sprechen hier von Höhen zwischen 10 und 35 Zentimetern.“

Wenn man die Haltung der EBE konsequent weiterdenke, dürften Beschäftigte die Abfalltonnen doch auch nicht über so manche Bordsteinkante heben. Darüber hinaus sei der Standort für die Gefäße genau festgelegt. Sie haben ihren festen Platz auf dem Mauerwerk an der Einfahrt zur Tiefgarage, die zum Grundstück gehört. In den vergangenen Jahren habe die Örtlichkeit überhaupt keine Schwierigkeiten bereitet, hebt der Rüttenscheider hervor. Die Mitarbeiter von EBE besaßen sogar, wie Dietrich weiter berichtet, einen Schlüssel für das Tor zur Tiefgarage.

Angebot der Hausverwaltung lehnen die Besitzer aus Kostengründen ab

Transportweg darf höchstens 15 Meter lang sein

Die derzeit gültige Abfallsatzung stammt aus dem Jahr 2014 und legt unter anderem auch fest, dass der Transportweg vom Standplatz der Tonne bis zum Müllfahrzeug nicht länger als 15 Meter sein darf. Die Breite muss mindestens ein Meter betragen.

EBE-Sprecherin Hellenkamp hebt hervor, dass Essen eine der wenigen Städte sei, in denen die Mitarbeiter der Entsorgungsbetriebe noch Mülltonnen aus dem Keller herausholen. Für Neubauten seien solche Regelungen zwar nicht mehr zulässig, aber sie gelten für eine Reihe von Häusern in eng bebauten Wohngebieten.

Dass nun Eigentümer die Aufgabe übernehmen sollen, sei mehr als kritisch, sagt Dietrich. „Hier leben sehr viele ältere Menschen, die das überhaupt nicht mehr schaffen“. Auf der Suche nach einer Lösung habe man die Hausverwaltung eingeschaltet und ein Angebot erhalten, bei denen sich die Besitzer verwundert die Augen gerieben haben. 1028,16 Euro wolle die Firma pro Jahr haben, berichtet Dietrich, um einmal die Woche die Tonnen an die Straße zu stellen. Das sei ihnen zu teuer.

Entsorger will Gesundheit der Mitarbeiter schützen

Die Beschwerden aus der Witteringstraße sind Bettina Hellenkamp, Sprecherin der EBE, wohlbekannt. Das Unternehmen habe aber nun mal gute Gründe, den Service nicht mehr fortzusetzen, hebt sie hervor. In der Abfallsatzung sei nun mal klar vorgeschrieben, dass Müllplätze ebenerdig angelegt sein müssen. Stoßkanten dürften maximal fünf Zentimeter hoch sein. Mit den Vorschriften wolle man vor allem die Gesundheit der Mitarbeiter schützen. „Sie legen am Tag 15 bis 18 Kilometer zurück und müssen stets schwere Tonnen bewegen“. Im Fall der Witteringstraße handelt es sich um insgesamt 240-Liter-Gefäße, sechs an der Zahl und die müssten von dem bis zu 40 Zentimeter hohen Podest herunter und später wieder hochgehievt werden, so Hellenkamp.

Die Akten liegen jetzt bei der Stadt

Der Hinweis, dass Bordsteinkanten größere Abstände als die Podeste an der Tiefgarage aufweisen, sei sicherlich richtig, betont die Sprecherin. Aber Gegebenheiten des Essener Straßennetzes könne man wohl kaum verändern. Im Übrigen achte die EBE auch bei anderen Eigentümern darauf, dass das Regelwerk eingehalten werde. Zu den Vorschriften zähle neben der Höhenbegrenzung, beispielsweise, dass ein ebenerdiger Bodenbelag vorhanden sein muss, über den die Gefäße zum Müllfahrzeug herangekarrt werden.

Vor kurzem kamen Eigentümer und EBE-Vertreter zu einem Ortstermin zusammen. Sie tauschten ihre Argumente aus, eine Einigung konnten sie aber nicht erzielen. Nun liegt die Akte zur Entscheidung beim Bereich Abfallwirtschaft der Stadt Essen. Die Eigentümer haben Kontakt zu einem Anwalt aufgenommen. Vorerst hat sich einer der Besitzer bereit erklärt, sich allwöchentlich um die Tonnen zu kümmern.