Essen-Rüttenscheid. . Bürgergespräch zur Schließung der Sparkasse Flora: Pressesprecher Volker Schleede bekam Kritik zu spüren. Warum gerade Senioren betroffen sind.
Die Bürger in Rüttenscheid geben nicht auf: Die Sparkasse an der Florastraße soll erhalten bleiben. Die Sparkasse plant, den Standort aufzugeben und nur noch Automaten bereitzustellen. Die Bezirksvertretung II lud daher zu einem Bürgergespräch in die Räume der Awo Katharinenstraße. Hier stand Volker Schleede, Pressesprecher der Sparkasse, Rede und Antwort.
Der Widerstand gegen das geplante Einstampfen der Sparkassenfiliale ist groß – Initiatorin Christina Podeyn überreicht an jenem Freitagabend 700 Unterschriften. „Es sollen neue Wohnungen entstehen, hier sind viele Geschäftsleute und ältere Leute ansässig, und dann wollen Sie die Filiale schließen?“, formuliert Podeyn ihr Unverständnis, welches viele aus der anwesenden Bürgerschaft ebenfalls bekunden.
Täglich 90 000 Zugriffe auf das Online-Banking
„Wir müssen uns nun mal nach dem richten, was sich schleichend entwickelt hat. Täglich haben wir 90 000 Zugriffe auf das Online-Banking, die Hälfte unserer Kunden nutzt es nur noch“, begegnet Volker Schleede. „Zu Beratungszwecken sucht man uns nur noch selten auf. Die Infrastruktur wurde eingerichtet, als es das alles noch nicht gab. Es ist nicht mehr leistbar.“ Die SB-Automaten bestünden weiter, ebenso bleibe die Filiale an der Martinstraße. Man müsse von über 50 auf 35 Standorte kürzen und habe die Distanzen zwischen den Filialen berücksichtigt.
Die vielen anwesenden älteren Bürger hingegen stehen gleich vor zwei Hürden: Sie besitzen weder Online-Banking, noch sind sie so gut zu Fuß, dass sie die 800 Meter weiter zur Martinstraße laufen könnten. Zumal laut Aussage einer Rentnerin die Rolltreppe stetig defekt sei. „Viele haben keinen PIN und heben daher am Schalter Geld ab, zudem schätzt gerade diese Kundschaft den persönlichen Kontakt mit den Mitarbeitern“, heißt es da aus dem Publikum.
Podeyn ergänzt: „Außerdem sind es manchmal mehr als 800 Meter, wenn man noch hinter der Florastraße wohnt oder arbeitet. Ich müsste für die Geschäftsdinge die gesamte Mittagspause aufwenden, weil nach Feierabend dann geschlossen ist.“ Dazu habe die Sparkasse eine Lösung parat: „Wir richten einen Bargeld-Service ein, wo Sie gegen fünf Euro Gebühr bis zu 1500 Euro nach Hause geliefert bekommen. Zudem haben wir ja auch lange Tage und den Samstag.“
Nicht genug Schließfächer
Doch dieser Lösungsvorschlag scheint nicht gut anzukommen, denn viele äußerten Sicherheitsbedenken, Missbrauch durch Kriminelle und auch die Gebühren könne der ein oder andere sich nicht leisten. Schleede: „Bisher haben wir damit keine schlechten Erfahrungen gemacht. Ein Überfall kann Ihnen auch in der Bank passieren. Wir haben uns schlichtweg Gedanken gemacht, die Immobilität unserer Kunden zu überwinden.“
Ein weiteres Problem wird sein, dass es an der Martinstraße nicht genug Schließfächer für alle Rüttenscheider Kunden geben wird. „Ich gebe zu, das ist kein einfaches Problem, aber in unserer Hauptstelle gibt es noch genug Platz. Zudem gibt es für die Rüttenscheider Straße eine Warteliste.“
Bürgern fehlt die Transparenz
Insgesamt sind die Bürger verärgert, weil „die Transparenz bezüglich der Umstrukturierung gefehlt hat“, bemängelt ein Herr, „außerdem verlieren Sie die alten Menschen aus den Augen. Wenn das so weitergeht, verlieren Sie Kunden.“ Schleede räumt ein, die Lösungen seien nicht immer ideal, doch man habe das Konzept seit 2016 ausreichend kommuniziert. „Zudem haben wir einen öffentlichen Auftrag, wir müssen auch für die älteren Leute da sein.“
Das Fazit von Christina Podeyn: „Wir schimpfen ja nur, weil wir was erreichen wollen. Ich verstehe, dass Sie heute diese Entscheidung verteidigen müssen. Aber wir sollten an einem Konsens arbeiten.“ Volker Schleede bot auf Nachfrage an, weitere Infoabende einzurichten, betonte aber auch, dass dieser Schritt schwer umkehrbar sei.
>> Sparkasse macht mehrere Zweigestellen dicht
Ihre umfangreichen Umstrukturierungspläne kündigte die Sparkasse Essen im Sommer 2016 an und treibt sie weiter voran. Sieben von 42 Zweigstellen will die Sparkasse bis zum Jahr 2020 dicht machen.
Neun werden in Selbstbedienungs-Filialen umgewandelt. Von den derzeit etwas über 1000 Arbeitsplätzen werden bis 2020 noch etwa 950 übrig bleiben. Dafür sind die Beratungszeiten ausgedehnt worden.