Essen-Freisenbruch. . Der VKJ will das „Soziale Boxen“ im Bürgerhaus Oststadt in freisenbruch wiederbeleben und kämpft um Fördermittel. Aktuell sind Trainer Viktor Ginkel und seine 25 Schützlinge auf Spenden angewiesen

Boxer mit Nehmerqualitäten sind klar im Vorteil: In Hollywood brachte es Rocky Balboa sogar bis zum Weltmeister aller Klassen, weil er viel einstecken konnte. Im wahren Leben ist Viktor Ginkel die Rolle eines Faustkämpfers, der immer wieder aufsteht, wie auf den Leib geschrieben. Seit 2009 betreut der Trainer ein VKJ-Boxprojekt für Jugendliche mit schwieriger Sozialprognose. Seitdem musste Ginkel einige Wirkungstreffer nehmen. Mehrmals schon hing seine Riege sprichwörtlich „in den Seilen“, stand kurz vor dem Knockout. Ans Aufgeben denkt der Coach deshalb aber noch lange nicht.

Viktor Ginkel ist Kasache – und kein Mann vieler Worte. Er lässt lieber Taten sprechen. Unter seiner Regie wurden Athleten zu Champions. Er formte als Nationaltrainer seines Heimatlandes Olympiateilnehmer; in Essen reiften einige seiner Schützlinge zu Kaderboxern des Deutschen Boxverbandes.

Deutsch spricht Ginkel nach all den Jahren leidlich, das Russische kommt ihm leichter über die Lippen. Doch zum Glück ist die Sprache des Boxens international. Und für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die er im Rahmen der VKJ-Initiative „Talentschmiede Ruhrpott“ betreut, ist Ginkel schon deshalb einer von ihnen, weil er ihre Probleme mit der Integration aus eigener Erfahrung kennt.

Die goldenen Zeiten sind vorbei

Was waren das für goldene Zeiten, als der VKJ, der Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten Ruhrgebiet, die Trägerschaft für das Boxprojekt übernahm. Zeiten, in denen Gelder flossen, um das erklärte Ziel zu erreichen, die Kinder und Jugendlichen „von der Straße zu holen“ oder sie gar nicht erst dahin kommen zu lassen. Kruppstiftungen unterstützten die Arbeit im Vorfeld mit satten 160 000 Euro. Das reichte für vier volle Jahre und auch für das Trainergehalt Ginkels, der für sein Engagement bereits etliche Auszeichnungen erhielt.

Doch vor knapp zwei Jahren gingen die finanziellen Mittel zur Neige. Ein Tiefschlag für alle Beteiligten. Für den VKJ, der um seine pädagogischen Ziele fürchten musste, aber auch für Ginkel, der seit jeher hohe Ansprüche an seine Boxschüler stellte. Der zweite Trainingsstützpunkt hinter der Grundschule in Stoppenberg wurde geschlossen, fortan wurde nur noch im Bürgerhaus Oststadt geboxt. Dort fungiert der VKJ als Mieter. „Zur Not mache ich auch als Rentner weiter, ehrenamtlich“, erklärte Ginkel damals kämpferisch. Das Training ist sein Leben. Linke Gerade, rechter Haken und immer auf die Beinarbeit achten – das ist seine Welt. Über Geld spricht er nicht. „Fragen sie bitte Oliver Kern“, sagt er nur.

Auch der Geschäftsführer des VKJ will das „Soziale Boxen“ wiederbeleben, um an die sportlichen und sozialpädagogischen Erfolge anknüpfen zu können. Im Moment ruht das Projekt, dennoch sind am Schultenweg rund 25 Kämpfer versammelt – früher waren es mal 50. Sicherlich ein Indiz für den finanziellen Aderlass, aber auch ein Zeichen gelungener Integration.

„Einige Sportler haben mittlerweile einen festen Job gefunden, andere eine Familie gegründet. Da bleibt eben weniger Zeit fürs Boxen“, sagt Kern, der bemüht ist, neue Gelder für das Projekt zu beschaffen. Doch das ist leichter gesagt als getan: „Ich versuche, einige Landestöpfe anzuzapfen, doch das Geld sitzt auch da nicht so locker, besonders nicht für die Jugendarbeit.“

Der VKJ will das Projekt wieder auf eine gesicherte Basis stellen. „Dazu gehört auch, dass Viktor Ginkel wieder ein ordentliches Gehalt bekommt“, sagt Kern. Auch der VKJ besitzt also Stehvermögen – wie ein richtiger Boxer.

Zuletzt verbrachte VKJ-Geschäftsführer Oliver Kern etliche Stunden am Schreibtisch, um die notwendigen Anträge auf den Weg zu bringen. Dabei sind etliche Formalitäten zu beachten: Projektprofil, eine Liste der zu fördernden Personen und ihre Aufgaben - all dies muss detailliert beschrieben werden. Zu Kerns Adressaten zählen das Landesjugendamt, aber auch einige Stiftungen. „Die Fördertöpfe sind in den letzten Jahren unverändert geblieben“, sagt Kern. „Der Kuchen wurde nicht größer, aber auch nicht kleiner. Es sind daher fast immer die selben, die da mit dem Blechnapf klappern. Und das sind nicht wenige.“

Ab November rechnet er mit ersten Reaktionen auf seine Förderanträge. „Doch selbst wenn Gelder bewilligt werden, können wir frühestens im Januar nächsten Jahres darauf zugreifen.“ Deshalb sind Viktor Ginkel und seine Schützlinge mehr denn je auf Spenden angewiesen. Zuletzt kam Hilfe von über 450 Fans der RTL-Serie „Unter uns“, die sich in Köln trafen. Die Fanclubleiter Sebastian Hiedels und Carina Greiffenberg aus Borbeck organisierten eine große Tombola und überwiesen 900 Euro an die Boxer.

„Es gab noch drei oder vier weitere Initiativen“, freut sich Kern. „Insgesamt sind so rund 3000 Euro zusammengekommen. Aber ungeachtet der Spendenhöhe gilt: Jeder Cent ist wichtig.“ Wer das Projekt finanziell unterstützen möchte, kann dies unter folgender Bankverbindung tun: Sparkasse Essen, IBAN DE69 360 501 05000 0245225
Stichwort „Boxprojekt“