Essen-Kupferdreh. . Busbahnhof, Deilbach, Kampmannbrücke, Kanalbau unter der Kupferdreher Straße: Auf die ohnehin von Baustellen geplagten Anwohner kommen in den nächsten Jahren weitere Nerven-Belastungsproben zu. Wird der Ort zur Dauer-Baustelle?

Es ist früher Nachmittag, ein paar Kunden stöbern durch seinen Laden, als Buchhändler Michael Großimlinghaus in Rage gerät. Blaue Weste zur blauen Jeans, ruhige Stimme – Großimlinghaus ist keiner, der sich in den Vordergrund drängt. Eigentlich wollte er dem Reporter also gar nichts sagen zur vermeintlichen Baustellen-Plage in Kupferdreh. Doch dann erklärt er sich doch bereit, mit seinem Namen zu seiner Meinung zu stehen. „Hier wird“, sagt er, „der ganze Ort umgebuddelt“.

Nicht nur er, auch viele andere aus dem Essener Südosten haben den Eindruck, in Kupferdreh bliebe kein Stein auf dem anderen. Die Wunschliste der Politik ist lang: Ein Busbahnhof soll gebaut und der Deilbach offengelegt werden, die Kampmannbrücke wird abgerissen und durch eine neue ersetzt, und wenn die Brücke irgendwann 2017 fertig ist, wartet schon die nächste Buddelei: Dann erneuern die Stadtwerke unter der Kupferdreher Straße Abwasserkanäle und bauen ein Regenrückhaltebecken.

Wie lange das dauern wird und wie der Verkehr während der Bauphase umgeleitet wird, steht noch nicht fest. Sicher ist aber: „Solche Kanalbaumaßnahmen sind immer sehr aufwändig, weil sie teils in mehreren Metern Tiefe stattfinden“, sagt Stadtwerke-Sprecher Dirk Pomplun.

Kupferdreh gilt vielen als die „ewige Baustelle“

Genervte Anwohner sprechen spöttisch von Kupferdreh als der „ewigen Baustelle“. Und fragen sich, ob wirklich jede Maßnahme sein muss. Michael Großimlinghaus, der Inhaber der Buchhandlung Bast im Ortszentrum, zieht einen Vergleich mit der Öresundbrücke zwischen Kopenhagen und Malmö: „Die wurde in vier Jahren gebaut, bei acht Fahrspuren und mehreren Kilometern Länge. Der Neubau der Kampmannbrücke über die Ruhr, die ja nur eine Pfütze ist, soll dagegen fast drei Jahre dauern.“ Großimlinghaus findet diese Spanne unverhältnismäßig – „die sollen einfach stabilisierende Stahlträger unter die alte Brücke montieren, und gut ist“.

Es sind vor allem die Einzelhändler, die eine Dauerbaustelle fürchten. „In den vergangenen Jahren wurde hier immer irgendetwas umgebaut“, sagt Heinz-Rüdiger Engels (48), Inhaber eines Eisenwarenladens. Er habe zwar Verständnis für Modernisierungen: „Die Bevölkerung ist in den letzten Jahren schnell gewachsen, da braucht es neue Abwasserrohre, die der neuen Belastung standhalten.“ Engels sorgt sich aber, ob weiterhin Menschen aus angrenzenden Stadtteilen nach Kupferdreh kommen, wenn dauernd Straßen gesperrt sind. Schuhverkäuferin Winnie Wiese (62) ist sich sicher: „Es gibt immer mehr Leerstände, das liegt auch an den vielen Baustellen.“

Was Anwohner wie Geschäftsleute hoffnungsvoll stimmt, ist die Aussicht auf die Zeit danach, wenn Kupferdreh neuen Glanz erlangt. Bis dahin wird jedoch noch viel Wasser die Ruhr hinabfließen. Michael Großimlinghaus sieht’s mit Sarkasmus: Seit 19 Jahren sei er im Stadtteil, seitdem höre er von lauter Plänen, Plänen, Plänen. „Ich bin zuversichtlich“, sagt er, „dass ich das neue Kupferdreh bis zur Rente noch kennenlerne“.

Großimlinghaus ist 44.