Essen-Steele.. Essener Stadtwerke entdecken bei umfangreichen Sanierungsarbeiten auf der Steeler Straße ein Leitungs-Exemplar, das 1884 verlegt wurde und somit stattliche 130 „Dienstjahre“ auf dem rostigen Buckel hat. Bauarbeiten sollen im Juni abgeschlossen sein


130 Dienstjahre, das muss man sich mal vorstellen. So viele haben selbst der erste VW Käfer und Ryan Giggs zusammen noch nicht auf dem Buckel, obwohl der eine 1938 vom Band lief und der andere auch schon eine gefühlte Ewigkeit und noch mit 40 für Manchester United gegen den Ball tritt.

Aber es gibt Dinge, die schafften wirklich 130 Jahre und machten sich mehr als bezahlt. Eine Wasserversorgungsleitung in der Steeler Straße etwa, die noch aus dem 19. Jahrhundert stammt und nun für fast nostalgisches Aufsehen sorgte.

Grabenlose Arbeiten

Vor einigen Wochen haben die Essener Stadtwerke das alte Möhrchen entdeckt. Bei einer umfangreichen Erneuerung von Erdgas- und Wasserleitungen in der Steeler Straße, wo zwischen Herwarth- und der Huttropstraße rund 640 Meter Wasser- sowie gut 260 Meter Erdgasleitungen erneuert werden.

Teilweise werden diese Arbeiten grabenlos in einem bergmännisch gebauten Stollen durchgeführt, was auf der stark frequentierten Steeler Straße den großen Vorteil hat, dass eine Vollsperrung vermieden werden kann. Einzelne Fahrspuren müssen hier und da zwar teilweise gesperrt werden, immerhin aber fahren Busse und Straßenbahnen planmäßig und auch die Zufahrt für Einsatz- und Rettungsfahrzeuge bleibt gewährleistet.

So alles klappt, können die Bauarbeiten im Juli abgeschlossen werden. Im Anschluss wird dann die EVAG im Bereich der Steeler Straße weitere Arbeiten durchführen.

Routine, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Eine Sache jedoch bleibt selbst bei den Experten hängen. „Eine Wasserversorgungsleitung, die noch aus dem 19. Jahrhundert stammt“, ist etwa Stadtwerke-Sprecher Dirk Pomplun sichtlich beeindruckt und versucht, sich in die Zeit zurückzuversetzen, in der diese Leitung gefertigt und verlegt wurde.

Das Jahr 1884: In Berlin legt Kaiser Wilhelm I. den Grundstein für den Bau des Reichstags und in Neumarkt in der Oberpfalz in der bayerischen Provinz wird die erste Fahrradfabrik Europas eröffnet. Gleichzeitig verlegen Arbeiter diese kernige Wasserversorgungsleitung durch Huttrop, das damals und bis zu seiner Eingemeindung 1929 zur Bürgermeisterei Stoppenberg gehört. Kaum jemand, der sich vorstellen kann, wie alt die lange Leitung einmal werden würde.

Fertigung im Jahre 1884

Schwerindustrie, der wirtschaftliche Aufschwung der Stadt, verheerende Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg, der Boom der Wirtschaftswunderjahre, Strukturwandel und, und, und. Pomplun: „Bei dieser Leitung haben wir es mit einer ausgezeichneten Bau- und Ingenieursleistung zu tun.“

Ach wenn sie doch nur erzählen könnte . . .