Essen-Kray. Fußballerisch ein Sieg, stimmungstechnisch eine Niederlage: Das nach Anwohner-Klagen richterlich verhängte Lärmverbot schlägt den Fans aufs Gemüt. Die für Sonntag geplante Eröffnung der neuen Tribüne musste ebenfalls verschoben werden.

Einzig das sonore Gebläse eines luftbetriebenen, meterhohen Werbeaufstellers von Sponsor RWE ist zu hören, fünf Minuten vor Anpfiff der Partie FC Kray gegen VfL Rhede. „Ist ja wie auf’m Friedhof hier“, sagt Hermann Werner (70), der im Häuserblock direkt gegenüber wohnt.

Am Kassenhäuschen löst er ein Ticket für das wohl leiseste Heimspiel, das jemals auf dem Rasen der Kray-Arena ausgetragen wurde. Anwohner des angrenzenden Tübbingwegs hatten mit ihrer Lärmschutz-Klage vorm Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Erfolg. Trommeln, Fanfaren, Lautsprecher-Durchsagen, Musik in der Halbzeit: Das alles ist ab sofort verboten. Und die Fans halten sich – mit zusammengeknirschten Zähnen – daran.

Abnahme des Bauamts verzögert

Günther Oberholz, 1. Vorsitzender des FC Kray, macht trotz Sonnenscheins ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Nicht nur, dass er um die im Fußball so wichtige Stimmung bangt. Auch die vorgesehene, feierliche Eröffnung der neuen Tribüne musste abgeblasen werden.

Die Abnahme des Bauamtes lässt noch auf sich warten; zusätzlich müssen noch weitere Vermessungsarbeiten vorgenommen werden – auch dort spielt das Urteil aus Gelsenkirchen eine, wenn auch untergeordnete, Rolle. Das bizarre Bild: Die fertige, 384 Fans fassende Tribüne bleibt unbesetzt, die neue Lautsprecheranlage für 4000 Euro stumm.

Fast trotzig schlägt Cornelia Malinowski (54) hinter der Bande gegen Ende der ersten Halbzeit die beiden Enden der luftbefüllten Klapp-Stangen zusammen. „Wir wollen die Krayer sehen“, schallt es wenige Meter neben ihr verhalten durch ein paar Reihen. „Nächste Woche können wir auswärts wieder unsere Trommeln mitnehmen. Das drückt hier heute schon ganz schön auf die Stimmung“, sagt Malinowski.

Auch Peter Klima mag sich mit der verordneten Ruhe nicht anfreunden: „Das Anfeuern gehört doch zum Fußball dazu. Ich wohne direkt gegenüber und ich bekomme kaum etwas davon mit“, sagt der 52-Jährige. Zudem wolle man den Jugendmannschaften doch auch eine gewisse Atmosphäre bieten.

„Erleichterung für die Ohren“

Die Miene von Günther Oberholz hat sich nach den ersten 45 Minuten weiter verfinstert. „Wir sind mehr als verärgert. Zumal die A40 laut Lärmgutachten lauter ist als wir. Dass eine solche Rechtsprechung möglich ist, verstehe ich nicht. Das ist eine Gefahr für den gesamten Amateurfußball – und wir sind nach RWE das zweitbeste Team der Stadt!“, schimpft Oberholz, für den das 3:1 seines Teams immerhin ein schwacher Trost ist.

Nebenan am Tübbingweg genießen die Nachbarn einen ruhigen Sonntag. „Bislang war es herrlich. Gegen heroisches Männergeschrei zum Anfeuern hat ja niemand was; das gehört dazu. Dass Lautsprecher und Trommeln nun wegfallen, ist eine unglaubliche Erleichterung für die Ohren“, sagt eine Frau.