Essen-Überruhr. . Mit Hingabe pflegt Hans Schmideler seine an Demenz erkrankte Frau Hildegard. In einer Selbsthilfegruppe für pflegende Angehörige in Überruhr gibt er Tipps und wirbt zeitgleich für mehr Verständnis – vor allem für die pflegenden Angehörigen.

Hans Schmideler merkt man seine 81 Jahre nicht an. Früher, da hat sich der gelernte Möbelschreiner vielfältig engagiert. Straßenfeste hat er organisiert, war beim Kegeln und bei einem PC-Kurs. Die Möbel in der pieksauberen Wohnung hat er selbst gebaut.

Heute ist das unmöglich. Stattdessen pflegt er zu Hause seine demenzkranke Frau Hildegard – Pflegestufe drei, eine Kommunikation ist nicht mehr möglich. „Die Menschen fragten mich immer: Wie geht es Hildegard“, sagt Schmideler. „Ich sage dann: Sie ist gut versorgt. Die Frage sollte lauten: wie geht’s Dir?“

Dass pflegende Angehörige oft sehr einsam an der Seite des Kranken sind und nur zurückstecken, daran denken viele Menschen nicht. Damit ist Hans Schmideler nicht allein. Glücklicherweise erfährt er große Unterstützung durch seine Tochter, aber letztlich hat doch jeder sein eigenes Leben.

Einmal im Monat organisiert Schmideler eine Selbsthilfegruppe für pflegende Angehörige in Überruhr. Dort lädt er verschiedene Referenten zu ganz praktischen Themen ein, Vertreter von Krankenkassen, Ärzte und Pflegepersonal. Er selbst informiert sich vorher über viele Themen im Internet.

Aber es geht vor allem auch um die Kommunikation untereinander. In anderen Gruppen werde immer nur über die kranken Angehörigen gesprochen. Hier jedoch soll jeder der Teilnehmer auch eine Plattform bekommen, endlich einmal über sich zu sprechen.

Der Andrang in der Gruppe ist groß, die Teilnehmer kommen aus der gesamten Region, sogar aus Niederwenigern. Der Austausch ist ihnen wichtig, denn viele berichten, dass ihr Umfeld sich seit der Demenz zum großen Teil abgewandt hat. „Als sei die Krankheit ansteckend.” Nicht für jeden sei es leicht, auch damit umzugehen. Heute trifft man sich eher mit Menschen in der gleichen Situation. Mit den Kranken zusammen geht es spazieren oder auf ein Stückchen Kuchen.

Laut der Deutschen Alzheimer Gesellschaft leben in Deutschland mehr als 1,4 Millionen Menschen mit Demenz, Tendenz steigend. Dennoch scheint das Thema in der Öffentlichkeit weitaus weniger präsent zu sein als andere Erkrankungen wie Krebs oder HIV.

Hoffnung auf mehr Verständnis

Immer wieder kommen dann doch Angehörige auf Schmideler zu. „Mein Schwager ist dement, wie gehe ich damit um?”, wollen sie wissen. „Auch sie sind herzlich in den Gesprächskreis eingeladen“, versichert er. So wird vielleicht ein besseres Verständnis auch für pflegende Angehörige übermittelt, damit diese nicht allein bleiben.

Besonders abends, wenn seine Frau versorgt sei, werde es schlimm, sagt Hans Schmideler. Er vertreibt sich die Zeit oft mit Bildbearbeitung am PC. In Familienbilder mit den Urenkeln fügt er welche mit seiner Frau ein. Oder er verschönert Fotos aus glücklicheren Tagen, auf denen ein Mensch zu sehen ist, den es so heute nicht mehr gibt. Trotzdem klingt keine Bitterkeit aus seinen Worten, als er sagt: „Ich bin noch nicht bereit, sie gehen zu lassen.”

Der Demenz-Gesprächskreis trifft sich an jedem dritten Donnerstag im Monat von 14 bis 16 Uhr im Marienheim in Überruhr (Hinseler Hof 24). Der nächste Termin ist der 20. Februar. Interessierte können einfach völlig unverbindlich vorbeikommen. Wer sich im Vorfeld informieren möchte, kann dies bei Maria Schmidt, Leiterin der Tagespflege ( 0201 85 81 650).