Burgaltendorf. .

Wenn Robert Rumpf vor seinem Haus in der Kirchstraße steht, dann genießt er freie Sicht auf Wälder und Felder. Das einzige Haus – abgesehen von denen seiner direkten Nachbarn – ist eine kleine Bruchsteinhütte rund 130 Meter von der Kreuzung Laurastraße entfernt. Dort wohnt schon seit 15 Jahren niemand mehr, außer ein paar Fledermäusen. Kurzum: Hier lebt es sich ruhig und beschaulich. Doch nicht auszuschließen, dass diese Idylle schon bald eine empfindliche Störung erfahren könnte. Auf den Flurstücken 423 und 422, mitten im ausgewiesenen Landschaftsschutzgebiet und direkt vis a vis von Rumpfs Domizil, sollen zehn Einfamilienhäuser samt Garagen gebaut werden.

Krötenwanderung

Robert Rumpf ist entsetzt, würde doch künftig ein massiver Riegel von knapp 100 Metern Länge das Areal zerschneiden. „Ich wage mir kaum auszumalen, was dies für diesen landwirtschaftlich geprägten Raum bedeuten würde“, klagt er. Der Kirchweg werde oft von Wanderern benutzt, die sich über das Panorama und die freie Sicht nach Hattingen und Niederwenigern freuen. Ein Vergnügen, dass durch das Bauvorhaben massiv gestört würde. Ganz abgesehen von der dort jährlich stattfindenden Krötenwanderung – zuletzt wurden über 1000 Exemplare gezählt.

Noch ist nichts passiert, doch die Sache ist bereits fortgeschritten, wie Rumpf in Erfahrung brachte. Eine Bauvoranfrage wurde bereits gestellt, doch vom Beirat der Unteren Landschaftsbehörde mit Hinweis auf das LSG, die negativ tangierten Streuobstwiesen und der Tatsache, dass es sich um eine Bebauung im Außenbereich handelt, bei zwei Enthaltungen abgelehnt. Die Behörde scheint da weniger Bedenken zu haben, teilte sie doch auf Nachfrage telefonisch mit, dass eine artenschutzrechtliche Prüfung zwar zwingend notwendig sei, die Fauna jedoch wohl nicht durch den Neubau gefährdet werde.

Unterschriftensammlung

Verärgert riefen Robert Rumpf und seine Frau Cornelia eine Bürgerinitiative ins Leben, schrieben einen Brief an das Stadtamt und auch an den Oberbürgermeister – inklusive einer Unterschriftenliste, auf der sich rund 50 weitere Anwohner solidarisch erklären. „Meine Frau ist die Straßen auf und ab gelaufen, um Mitstreiter zu gewinnen“, sagt Rumpf. „Eine Antwort steht bis heute jedoch aus, obwohl das Schreiben schon mehr als einen Monat zurückliegt.“

Das städtische Amt für Bauordnung beruft sich auf ein Gutachten und § 34 Baugesetzbuch (BauGB), der auch im Außenbereich bedingt Bauvorhaben zulässt. „Doch davon kann hier gar keine Rede sein“, wettert Cornelia Rumpf, die einen Juristen für Planungs- und Umweltrecht ins Boot holte, um ein Gegengutachten erstellen zu lassen.

Juristisch hilft das Urteil des Experten jedoch kaum weiter, denn der Bebauungsplan kann nur durch politischen Willen gekippt werden. Am Dienstag nahm sich die Bezirksvertretung VIII in Kupferdreh des Falles an. Dort wurde das geplante Bauvorhaben einstimmig abgelehnt (siehe auch unten stehenden Text).

Ratsfrau Isenmann unterstützt BI

Rückendeckung erfährt die Bürgerinitiative von CDU-Ratsfrau Walburga Isenmann, die um den ländlichen Charakter Burgaltendorfs und auch Byfangs fürchtet, sollte es zu einer Zersiedlung kommen. Robert Rumpf indes befürchtet einen Präzedenzfall: „Wenn § 34 so großzügig ausgelegt wird, dann ist zu befürchten, dass auch in anderen Teilen des Landschaftsschutzgebiets im Raum Byfang/Burgaltendorf gebaut wird.“ Dies müsse unter allen Umständen verhindert werden. Die Bürgerinitiative jedenfalls will weiterkämpfen.

Bezirksvertreter sagen Nein zum Bauvorhaben

Auf der Tagesordnung der Sitzung der Bezirksvertretung VIII vom Dienstag stand das Thema „Geplante Bebauung Kirchstraße“ ganz weit oben. Wer jedoch eine kontroverse Diskussion erwartete, sah sich getäuscht. Die Bezirksvertreter lehnten das Bauprojekt in Burgaltendorf einstimmig ab.

Ein klares Votum der Politiker, dessen Eindeutigkeit selbst Evelyn Meyer überraschte. Die Leiterin der städtischen Bauaufsicht im Bezirk Süd hatte das Bauvorhaben vorgestellt und dabei betont, dass die ablehnende Haltung des Beirats der Unteren Landschaftsbehörde nicht der Weisheit letzter Schluss sei: „Am Ende haben wir über den Bauantrag zu entscheiden.“

Eine Entscheidung, die in erster Linie auf Gutachten basieren wird. Doch genau dabei streiten sich die Experten. Während für die Stadt eine Bebauung auf Basis von § 34 Baugesetz (BauGB), der die Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile regelt, durchaus legitim erscheint, greift für den von der Bürgerinitiative Kirchstraße beauftragte Gutachter der § 35 (Bauen im Außenbereich).

In der BV-Sitzung kündigte eine Delegation der BI das Gutachten an, das seit Mittwoch der Bauaufsicht vorliegt. „Beide Gutachten stehen von ihrer Aussage konträr zueinander“, sagt Evelyn Meyer. „Wir werden den Fall nun eingehend prüfen und dann eine Entscheidung treffen.“

Auch Manfred Kuhmichel, Vorsitzender der CDU Burgaltendorf, warnte vor dem Stadtparlament nachdrücklich vor weiteren Bauaktivitäten: „Eine Lückenbebauung würde die von Streusiedlung charakterisierte Kulturlandschaft zerstören.“ Schon zuvor hatte Kuhmichel an anderer Stelle betont, dass eine Genehmigung des Bauvorhabens zudem die politische Leitlinie seiner Partei konterkarieren, die da lautet: „Unserem Dorf verpflichtet.“