Kupferdreh. .

Das Luftbild zeigt es deutlich: Im Waldgebiet östlich vom Voßnacker Weg gibt es eine kahle Stelle. Dort standen Fichten und Tannen, eingerahmt von Buche, Stieleiche und Birke. Doch im Winter wurden alle Nadelbäume gefällt. Nun soll die Fläche aufgeforstet werden. Normalerweise eine Aufgabe für Grün & Gruga. Doch da es sich um Privatbesitz handelt, wird der Landesbetrieb „Wald und Holz“ in Gelsenkirchen aktiv. Doch bei Förster Martin Langkamp in Krefeld laufen alle Fäden zusammen.

Am Computer in seinem Büro zeigt Langkamp den Kahlschlag. „Von einer Rodung spricht man nur, wenn auch die Stumpen aus dem Boden gerissen werden“, erklärt er. „Doch dies wird normalerweise nur auf Baugelände gemacht.“ In Kupferdreh musste der Eigentümer mehr als 3000 der insgesamt 5000 Quadratmeter großen Fläche freischlagen lassen – der gefräßige Borkenkäfer hatte Einzug gehalten.

Borkenkäfer-Alarm

„Die Sache duldete keinen Aufschub“, sagt Langkamp. „Sonst hätte er das Holz nur noch im Kamin verfeuern können.“ Nun werden Bretter daraus gemacht. Den Verkauf hat Langkamp abgewickelt. „Das gehört zum Service.“ Der Käferbefall ist eine Spätfolge des Orkans Kyrill, der im Januar 2007 auch Essens Wälder kräftig durchschüttelte. Nässe und jede Menge Brutmaterial. Wie geschaffen für den Borkenkäfer, der so bis zu drei Generationen jährlich produziert.

Das Forstgesetz schreibt eine Aufforstung innerhalb von zwei Jahren vor. Doch diese Karenzzeit sollte besser nicht ausgereizt werden, da sonst begleitende Vegetation wuchert, die die Aufforstung erschwert. Nach einer Exkursion ins Gelände wirft Langkamp einen Blick auf die landesweite Bodenkarte, klärt die Frage nach standortgerechten Bäumen. Entscheidende Parameter sind hier die Durchwurzelbarkeit und Nährstoffgehalt, aber auch der Wassergehalt sowie die Wasserleitfähigkeit des Bodens. Im Kupferdreh herrscht ein feuchtes Milieu, was der Nähe des Deilbaches geschuldet ist. Auch eine hohe Staunässe hat Langkamp ausgemacht. „Hier gibt es eine wasserundurchlässige Schicht; Ton oder ähnliches“, sagt Langkamp.

„Dienende“ Hainbuche

Seine Analyse ergab: die Fichte ist total ungeeignet. „Fichten sind Flachwurzler, die auf diesem Boden nur wenig Halt finden“, sagt Langkamp. Zudem sei das Stauwasser Gift für die die Nadelbäume. Langkamps Empfehlung: Erle, begleitet von „dienender“ Hainbuche, die, in direkter Nähe gepflanzt, das Wachsen der Äste am Erlenstamm verhindern soll. Eine Alternative wäre die Stieleiche. Das letzte Wort hat jedoch immer der Eigentümer. Doch diesmal dürfte Langkamp wenig Probleme haben, seinen Kunden zu überzeugen: „Nur keine Fichten mehr, ich bin das Theater leid“, hatte dieser beim Ortstermin geklagt. Die Fichten hätten sein Opa nur deshalb gepflanzt, weil er den Schwarzwald so schön fand.

Langkamps Arbeit ist damit jedoch nicht abgeschlossen. Da ein Haus nahe des Waldes steht, plant der Förster einem Waldrand ein. „Das ist Standard und zeitgemäß.“ In Nähe des Domizils soll eine Strauchzone entstehen, danach folgen Bäume zweiter Ordnung wie die Hainbuche und erst dann folgt die Stieleiche. Am Ende weiß der Kunde genau, wo, in welcher Stückzahl und Größenordnung jeder Baum steht. „Wir bieten zudem Firmen an, die solche Arbeiten ausführen“, sagt Langkamp. Der Vorteil: Alle Arbeiter sind Forstwirte, die solide und verlässlich arbeiten.

Wald zu 70 Prozent in Privatbesitz

Erfahrung besitzt Förster Langkamp reichlich. Der Landesbetrieb „Wald und Holz“ wird überall dort aktiv, wo sich Wald in Privatbesitz befindet. Dies ist in NRW zu 70 Prozent der Fall, allerdings sind die Haine oft so klein, dass es sich nicht lohnt, einen Förster anzustellen. „Der Kollege, der den Staatswald beplant, macht allerdings nichts anderes als ich. Wir verwenden die gleiche Datenbasis, und ich habe das gleiche Know-How“, sagt Langkamp. „Es handelt sich hier also nicht etwa um Forstwirtschaft zweiter Klasse.“

Davon profitieren beide Seiten: der Kunde, aber auch der Landesbetrieb. Dass „Wald und Holz“ Privatbesitzer kontaktiert, ist politischer Wille. Langkamp: „Wir wollen möglichst standortgerechte Wälder.“ Zudem hat der Landesbetrieb drei Millionen Kubikmeter pro Jahr an Holzversorgung zu sichern. Dem Eigentümer kostet dies vergleichsweise wenig, wenn er, wie in diesem Fall, der Forstbetriebsgemeinschaft Essen/Mülheim/Duisburg angehört. Die Analyse wird durch die Zahlung der Beiträge gedeckt. „Wir haben hier eine klassische Win-Win-Situation“, sagt Langkamp. „Der Kunde erhält eine hochqualifizierte Beratung, und der Landesbetrieb bekommt die gewünschten ökologisch stabilen Waldbestände.“

Ganz zum Schluss steht noch die so genannte Naturschutzrechtliche Prüfung an: Handelt es sich bei dem untersuchten Areal möglicherweise um ein Naturschutzgebiet (§62), das Pflanzen beinhaltet, deren Schutz eine Aufforstung verbietet? Oder, wie im konkreten Fall, um ein Landschaftsschutzgebiet? „In diesem Fall gilt es, die Eigenart und Schönheit der Landschaft zu erhalten“, erklärt Langkamp. Also kurz gesagt: Wald bleibt Wald.

Achtung, Wasserfledermaus

Bliebe nur noch eine Kleinigkeit: Auf der Suche nach planungsrelevanten Tierarten stieß Langkamp auf die Wasserfledermaus. „Die brütet im Zeitraum von April bis August. Während dieser Zeit darf man dort also nicht pflanzen.“

Praktikum beim Förster

Bei Langkamps Recherche blickt ihm Benedikt Schröder interessiert über die Schulter. Der 16-jährige Gymnasiast aus Mülheim absolviert gerade ein Praktikum beim Förster. „Ich wollte wissen, was ein Förster so alles macht und habe daher intensiv im Internet gesucht“, erzählt der Blondschopf. Bei der Wahl des Praktikums sei es ihm wichtig gewesen, etwas zu tun, „wo man nicht den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen muss.“ Förster Langkamp nahm ihn mit nach Kupferdreh, in ein Landschaftsschutzgebiet, wie Benedikt erfuhr. Nach der Exkursion folgte ein Exkurs in das Forstgesetz. „Das war allerdings nicht so spannend“, sagt Benedikt. Dennoch, die zwei Wochen des Praktikums vergingen wie im Flug.

Ob sich Benedikt nun Förster werden möchte, darauf will er sich noch nicht festlegen. „Ein Praktikum in Maschinenbau steht noch aus“, sagt er. Doch so schnell gibt Langkamp nicht auf: „Auch im Landesbetrieb gibt es Maschinenfachbetriebe.“ Langkamp hat’s Spaß gemacht. „Ich habe jährlich vier Praktikanten und Anwärter, die ihr Studium bereits abgeschlossen haben.“