Essen-Steele. .

Für manche ist die Leitung einer Galerie Arbeit. Nicht so für Rolf Struwe: „Ich mache hier Urlaub“, lächelt er unter einem Sonnenschirm vor seiner „Artishocke“ sitzend, einen trockenen Weißwein schlürfend. „Und zwar jeden Tag.“ Mit der Eröffnung dieser Hinterhof-Galerie hat sich der 67-Jährige Kunstliebhaber einen lang gehegten Traum erfüllt.

Auf den ersten Blick mag man entlang der Steeler Straße nicht gerade einen Umschlagplatz für hochwertige Kunst vermuten. Schaut man bei der Krimmstraße jedoch um die Ecke, gerät man ins Staunen. Denn hier hat der Künstler Jörg W. Schirmer sein Atelier, viele seiner großfüßigen Skulpturen zieren seinen Hinterhof. Daneben hat Schirmers Freund Rolf Struwe Quartier bezogen. „Er wusste, dass ich eine Galerie eröffnen wollte und hat mich hier quasi zur Untermiete einziehen lassen.“ Kunst, wohin man schaut.

Ein großes Herzfür die Kunst

In den vergangenen zwei Jahren hat Struwe einige namhafte Künstler präsentiert. Den Fotografen Walter Vogel etwa, der Pina Bausch oder Joseph Beuys in ungewöhnlichen Porträts verewigt hat. Oder den Belgier Edward Leibowitz mit seinen ungewöhnlichen Glasarbeiten. Auf einen Nenner will er die Werke, die er in den mit knapp 35 Quadratmeter recht intimen Räumlichkeiten zeigt, gebracht wissen: „Hier kann man Qualität kaufen, keinen Schrott“, ist er überzeugt. Ein großer Name sei nicht so wichtig wie die Überzeugungskraft der Werke.

Daher findet man aktuell neben Skulpturen des etablierten rheinländischen Bildhauers Johannes Terbach auch Arbeiten des Folkwang-Absolventen Kai Borsutzky. Dieser sucht sich etwa Ruinen von Häusern, um aus dem Schutt Porträts zu modellieren und diese zu fotografieren. „Ein ungewöhnliches Talent“, das er kürzlich bei der Folkwang-Ausstellung „Sichtwerk“ im Sanaa-Gebäude auf Zollverein entdeckt habe. „Den möchte ich unter meine Fittiche nehmen und unterstützen.“

Ein großes Herz für Kunst hatte er schon immer, auch wenn Struwe beruflich zunächst eine ganz andere Richtung einschlug. „Ich war Investment-Banker, also einer von den Bösen“, lächelt er, „aber irgendwo muss das Geld ja herkommen.“ Geld, das er massenhaft in Kunstwerke investierte, die er bei sich zu Hause stapelweise hortet. „Das ist nicht mehr manisch, das ist schon krankhaft“, gibt er zu. „Die Galeristen haben mich schon immer mit einem Glas Champagner begrüßt, weil Sie wussten, dass ich nicht gehe, ohne etwas zu kaufen.“

Auf den Champagner müsse er inzwischen verzichten, denn jetzt ist er schlichtweg Konkurrenz. Und als solche durchaus umtriebig und immer auf der Suche nach originellen Exponaten. Wie etwa die bunten Klobürsten, die bei ihm hängen: Diese stammen von dem Experimentalkünstler Eberhard Kranemann, der 1970 auch bei der Band „Kraftwerk“ seine musikalische Seite auslebte.

Im September bekommt der Meisterschüler der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf eine eigene Ausstellung. Und nicht zuletzt seine über 30-jährige Sammelleidenschaft erleichtere es ihm dabei, solch namhafte Künstler zu finden.

Wenngleich sein Atelier etwas klein ist und der Standort nicht gerade als Mekka für Kunstliebhaber etabliert ist, will Struwe der Steeler Straße treu blieben. „Die Rüttenscheider Straße überlassen ich lieber anderen, die durch die Mieten dort ihr Geld verbrennen wollen.“ Erst von seiner ersten Million wolle er sich „mit einer 10 000 Quadratmeter großen Galerie auf der Rü breit machen“, lacht er. Schade um die kleine Kunstoase im Steeler Hinterhof wäre dies allemal.