Essen-Freisenbruch. Das Bürgerhaus Oststadt in Freisenbruch schließt für rund ein Jahr wegen einer Sanierung. Nutzer und Gruppen weichen in Ersatzquartiere aus.
Die Erleichterung ist Maryam Alizadeh ins Gesicht geschrieben. „Bis vor zwei Tagen wussten wir nicht, wo wir während der Sanierung bleiben sollten. Unsere Leser waren total enttäuscht“, sagt sie zu den anstehenden Arbeiten im Bürgerhaus Oststadt. Praktisch in letzter Minute hatte die Leiterin der Stadtteilbibliothek Freisenbruch ein Ausweichquartier im Krayer Rathaus für die Bauphase gefunden. Die soll den Vorhersagen nach rund ein Jahr dauern, im Februar 2020 beginnen und vier Millionen Euro kosten. Eine Lösung für den Secondhand-Laden gibt es noch nicht.
„Den Januar brauchen wir komplett für den Auszug“, erklärt Jugendamtsmitarbeiterin Gisela Peters, die das Bürgerhaus seit vier Jahren leitet, auf einer Informationsveranstaltung am Schultenweg. Gut 100 Bürger haben sich dazu im großen Saal im ersten Stock eingefunden und wollen wissen, wie es mit ihrem Bürgerhaus weitergeht.
Auch interessant
Dass die Arbeit in der Stadtteilbibliothek weit mehr als die Ausleihe von Büchern beinhaltet, wissen viele in Freisenbruch zu schätzen. Eltern, Lehrer, Erzieher und allen voran Kinder und Jugendliche im „Multi-Kulti-Bezirk“ sind bei Alizadeh und ihrem Team gern und oft zu Gast. Mit Projekten zur Sprachförderung sowie Alltagshilfen unterstützen die Mitarbeiter die Menschen vor Ort. Die Bücherei im Hochhausviertel am Bergmannsfeld ist Treffpunkt von Mietern aus rund 30 Nationen.
Möglichst viele Nutzungen sollen weiterlaufen
Für ein friedliches Zusammenleben sind aber auch viele andere Angebote im Bürgerhaus Oststadt wichtig. Es dient gleichermaßen als Versammlungsstätte, Kursort und offener Treff. Hier wird genäht, gefilzt und Sport getrieben, Senioren kommen zu Kaffee oder Kino, Kinder und Jugendliche zu Tanz oder Theater. Umso mehr hatten sich die Mitglieder des ehrenamtlichen Bürgerhausbeirats bemüht, möglichst viele Nutzungen weiterlaufen zu lassen.
Auch interessant
„Wir sind bei unseren Anfragen überall auf offene Ohren und ebensolche Türen gestoßen. Für alle Gruppen und Angebote, die sich bei uns gemeldet haben, wurden Interimslösungen gefunden“, so Peters. Sportkurse unterstützt der MTG Horst. In einem schulklassengroßen Container mit WC-Anlage und Büro, der auf einer Seite des Parkplatzes aufgestellt wird, will man vor allem Kinder- und Jugendarbeit leisten. Der Kleingartenverein stellt den Senioren der Arbeiterwohlfahrt Räume zur Verfügung und auch Kita und Grundschule bieten einigen Gruppen Obdach.
Auf der Strecke bleibt der Secondhand-Laden
Bei der Sanierung auf der Strecke bleibt bisher der vor 15 Jahren entstandene Secondhand-Laden. Die gemeinnützige Einrichtung, die zwei Frauen im Bürgerhaus betreiben, würde im Quartier fehlen, da sind sich Anwohner und Lokalpolitiker einig. Aber es gibt es noch Hoffnung. Die Bezirksvertretung hat einen entsprechenden Antrag auf den Weg gebracht und die Stadt um Unterstützung gebeten. „Eventuell kommt ein leerstehendes Ladenlokal infrage“, sagt Michaela Häuser (SPD).
Die Umbaupläne sind nicht neu. Im Frühjahr 2018 waren die Kosten für die ursprünglich geplante Generalsanierung des Bürgerhauses Oststadt auf 1,4 Millionen Euro veranschlagt worden. Nun geht man von vier Millionen Euro aus, falls nicht noch Unerwartetes das Projekt weiter verteuert.
Geschwungene Wege, Freitreppen und Terrassen auf unterschiedlichen Niveaus
Architekt Slawomir Kochanowicz aus dem Gelsenkirchener Büro Dr. Schramm und Partner, lobt die architektonische Einmaligkeit des Bürgerhauses Oststadt. Besonders sei die „organische Formgebung.“ Der Baukörper fügt sich in die Hanglage des umgebenden Parks ein. Geschwungene Wege, Freitreppen und Terrassen auf unterschiedlichen Niveaus verbinden das Haus mit dem grünen Umfeld. Große Fensterflächen erlauben Ein- und Ausblicke. Diese Durchlässigkeit unterstreichen die verwendeten Materialien und Farben. Das werde man bei der Sanierung berücksichtigen.
Handlungsbedarf gibt es allen voran bei Brandschutz und Fluchtwegen, hieß es. Der für 350 Personen geeignete Saal musste bis auf Weiteres auf die Nutzung von maximal 200 Besuchern beschränkt werden. Begonnen wird im Februar mit der Sanierung von Decken und Wänden. Unter anderem wird die als Dämmung dienende Glasfaserwolle fachmännisch entfernt, dazu finden die Arbeiten hinter einer Art Schleuse in einem „Schwarzbereich“ statt. Und auch außen muss gearbeitet werden, um aktuelle Unfallverhütungsvorschriften zu erfüllen. Derzeit sind einige Bereiche durch Zäune abgetrennt.
Beirat soll jeden Monat über die Fortschritte informiert werden
Auch die WC-Anlagen werden überholt, der Aufzug erneuert und Türelemente ausgetauscht, wie Daniela Barkmann vom Amt für Immobilienwirtschaft erläutert. Am Ende dürfen sich Besucher zudem über W-LAN im Gebäude freuen. Die Solarpanele auf dem Dach stünden den Denkmalauflagen nicht im Wege und können bleiben. „Die Teilhabe an den Maßnahmen ist allen wichtig. Wir begleiten das Projekt und wollen es bei Baustellenführungen in Augenschein nehmen“, verspricht Peters. Jeden Monat soll der Beirat über die Fortschritte informiert werden.