Essen-Horst. 3600 Mitglieder, 15 Abteilungen und neun Hauptamtliche: Zur Erfolgsgeschichte der MTG Horst zählt auch der Einsatz der Ehrenvorsitzenden
Blickt Helga Herrmann auf die vergangenen 55 Jahre zurück, so gehören zahllose Tage und Nächte dazu, die sie ihrem Verein widmete: der MTG Horst. 1964 stieß die gebürtige Horsterin dazu, wurde rasch Übungsleiterin und ist ebenso schnell „vollkommen versackt“, wie die 84-Jährige ihren unermüdlichen Einsatz selbst lächelnd beschreibt. Dazu gehören der Aufbau der Gruppen Breitensport wie Rollstuhltanz, der Kampf um ein Vereinsheim sowie die vielen Fahrten und Feiern – und nicht zuletzt die Tatsache, dass die MTG Horst heute als größter Breitensportverein Essen mit 3600 Mitgliedern und neun hauptamtlichen Mitarbeitern gut dasteht – ohne finanzielle Sorgen und Nachwuchsnöte.
Als die Mitglieder der MTG Horst ihrer Ehrenvorsitzenden Helga Herrmann für ehrenamtliches Engagement danken wollten, da mussten sie sich schon etwas einfallen lassen: Denn da hatte Horsterin die Goldene Ehrennadel des Essener Sportbundes (1999) und die Ehrenplakette der Stadt Essen (2009) längst abgestaubt. Also wurde es das Bundesverdienstkreuz: „Als ich davon erfuhr, habe ich erstmal einen Schreck bekommen“, sagt die Ausgezeichnete augenzwinkernd, die längst schon wieder zum Alltag übergegangen ist. Und der bedeutet nach wie vor: Wassergymnastik, Wirbelsäulentraining und die Organisation für die anstehende Fahrt ins Baltikum im kommenden Jahr.
Der Verein ist für die Ehrenvorsitzende viel mehr als Sport
Reisen, die die Frauen schon nach Rom oder St. Petersburg führten, Feiern und Veranstaltungen liegen Helga Herrmann seit jeher am Herzen, weil der Verein für sie viel mehr als Sport ist: „Wir sind auch so erfolgreich, weil das Soziale stimmt“, sagt die 84-Jährige, die maßgeblich dazu beiträgt und stets auf Geselligkeit geachtet hat. Darunter fallen auch die Gruppen, die sie ins Leben rief: für Rollstuhlfahrer oder blinde Sportler, die seitdem tanzen oder die Elektro-Hockey-Mannschaft für Elektro-Rollstuhlfahrer. Auch so manche Familien, die als Geflüchtete nach Horst oder Freisenbruch kamen, haben im Verein ihre sportliche Heimat gefunden.
Für Helga Herrmann begann die Mitgliedschaft 1964 mit dem Breitensport, mit Gymnastik, Turnen und Ballspielen. Die Abteilung wuchs damals rasant: bis auf 900 Mitglieder. Ihr Mann war dann viele Jahre lang der erste Vorsitzende, Helga Herrmann selbst ist seit 2013 Ehrenvorsitzende. Gegründet wurde die Märkische Turngemeinde Horst bereits 1881, als vor allem auch Leichtathletik im Vordergrund stand. Heute gibt es 15 Abteilungen, zahlreiche Kursangebote, 120 Übungsleiter und die Hauptamtlichen.
Geschäftsführer nimmt Abteilungsleitern den Schriftkram ab
Die Mitgliedschaft, Angebote und Abteilungen der MTG Horst
Die Mitgliedschaft bei der MTG Horst kostet Dazu kommt der Betrag, den die Abteilungen für ihre Angebote festlegen.
Zu den Angeboten zählen zum Beispiel Aqua-Gymnastik, autogenes Training, World Jumping auf dem Trampolin, Pilates oder Ballett, die in insgesamt rund 30 verschiedenen Stätten laufen. Darunter sind das Krupp-Krankenhaus in Steele, das Bürgerhaus Oststadt sowie die Hallen der Eibergschule, Astrid-Lindgren-Schule und die Turnhallen Morungenweg oder Wendelinstraße.
Zu den Abteilungen des Vereins zählen u.a. Badminton, Bogenschießen, Kanusport, Teakwondo, Volleyball, Herzsport, Skisport oder Tischtennis. Weitere Informationen unter www.mtg-horst.de und Kontakt unter: 453 544 50.
Dazu zählt Eiko Rümker, der vor rund 20 Jahren zum Verein stieß. Heute kommt der dreifache Vater zwar nicht mehr so oft zum Paddeln aufs Wasser, denn der Diplom-Sportwissenschaftler arbeitet als Geschäftsführer der MTG Horst im Sport- und Gesundheitszentrum am Schultenweg. Eine Position, in der er auch den Abteilungsleitern viel Schriftkram abnehmen könne, damit diese sich auf ihre Sportangebote konzentrieren könnten, weiß er um einen Vorteil, den der Verein durch die hauptamtlichen Mitarbeiter habe.
Der finanziellen Situation sei es auch zu verdanken, dass sie ihr Sport- und Gesundheitszentrum 2013 und 2015 erweitern konnten. „In diesem Jahr wollen wir mit dem Aufbau einer Parkour-Anlage beginnen“, sagt Eiko Rümker. Dafür haben sie Flächen einer Tennisanlage gepachtet, die in Eiberg liegt. Vor Jahren spielten die Mitglieder genau dort auch Tennis, aber das ist eine der Abteilungen, die im Laufe der Jahre aufgegeben wurde – wie auch die Judogruppe.
Mitglieder probieren immer wieder neue Angebote aus
Andererseits aber probieren die Mitglieder immer wieder Neues aus: Die Tretrollergruppe war so ein Experiment, die nun seit etwa sieben Jahren besteht. Die Zumba-Begeisterung sei inzwischen abgeebbt, Yoga bleibe weiterhin ein Dauerbrenner, sagt der Geschäftsführer. Und erste Aerobic- und Rückenkurse, die in den 1980er Jahren starteten, haben sich längst zu einem breiten Gesundheits- und Rehasportangebot entwickelt. Neben dem Breitensport gibt es auch den leistungsorientierten Bereich mit den Basketballspielern in der Landesliga und den Turnern in der Oberliga.
Bei allen positiven Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte, gebe es aber durchaus einiges, das sie besorge, gesteht Helga Herrmann. Immer wieder suchen sie händeringend Übungsleiter („früher habe ich die Leute auf der Straße aus dem Auto heraus angesprochen“) und Sportstätten, zuletzt bereitete die Schließung der Halle am Gymnasium Wolfskuhle große Probleme. „Wir nehmen alle Zeiten, die wir in Schulturnhallen bekommen“, sagt die 84-Jährige, wohlwissend, dass es für alle Sportler und Vereine einfach zu wenige seien und sie an dieser Situation wenig ändern können.
Für das Vereinsheim gekämpft wie eine Löwin
Damals, als die MTG Horst dringend ein Vereinsheim benötigte, kämpfte Helga Herrmann wie eine Löwin für eigene Räume: „Wir wussten ja nicht, wohin mit den Jugendlichen.“ Sie hat alle Kontakte genutzt und Geld aufgetrieben, obwohl selbst im Verein nicht alle von den Plänen überzeugt gewesen seien. „Zum 100-jährigen Bestehen der MTG Horst wurde unser Heim schließlich an der Ruhr auf dem Gelände des ehemaligen Freibads eingeweiht“, blickt sie zurück. Das Vereinsheim gebe es nach wie vor, saniert müsste das Holzhaus nun aber doch werden, sagt Helga Herrmann. Den Schreck über die neueste Auszeichnung hat sie natürlich überwunden und macht einfach so weiter wie in den vergangenen 55 Jahren: mit riesigem Einsatz für ihren Verein.
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