Essen-Überruhr. . Hannes Papirnik unterhält mit seinem Papiertheater zahlreiche Menschen. Aktuell segelt „Der Fliegende Holländer“ im Miniaturformat übers Meer.

Sägen und feilen, hämmern, bohren und schleifen. Wer in einer Werkstatt des Franz-Sales-Hauses tagtäglich Menschen mit Behinderungen unterrichtet, der darf letztlich nicht pingelig sein. In seiner Freizeit jedoch, da ist Hannes Papirnik eher filigran unterwegs, ein echter Feingeist mit einem wahrlich feinen Hobby. Denn Papirnik ist der Mann hinter „Papirniks Papiertheater“, mit dem er seit Jahren große Opern und Operetten auf eine selbstgebaute Miniaturbühne bringt und Menschen damit großen Spaß bereitet.

Der 58-Jährige aus Überruhr, Mitglied im Forum Papiertheater Hanau, überlässt nichts dem Zufall und tut, was er tut, stets mit großer Hingabe. Papirnik singt etwa im Extra-Chor des Aalto-Theaters, der Mann spricht Hörspiele ein, sammelt und baut historische Eisenbahnen nach und fährt auch noch einen uralten Traktor. Und nicht selten, da spielt er halt auch noch Papiertheater.

Heimspiel in der „Kulturpinte“

Neulich, da war er wieder mal in der „Kulturpinte“, dem urigen Treffpunkt des Franz-Sales-Hauses. Volles Haus. „Heimspiel für Hannes“, hätte man sagen können. Im Gepäck hatte Papirnik diesmal „Der fliegende Holländer“, die legendäre Wagner-Oper, die 1843 uraufgeführt wurde. Zur Biedermeierzeit also, als das Papiertheater in voller Blüte stand und die berühmten Ausschneidebögen fester Bestandteil der „Bilderbogenkultur“ des 19. Jahrhunderts waren.

Viele hatten damals kein Geld, sich einen Besuch im „echten Theater“ zu leisten, „andere wollten zu Hause in abgespeckter Form nachspielen, was sie gesehen hatten“. Gedruckte Theaterrahmen, Vorhänge, Figuren oder Kulissen: All das wurde sozusagen als kompletter Bausatz verkauft, und Papiertheater waren in zahlreichen Wohnzimmern zu finden.

Auch Papirnik bedient sich ausnahmslos detailgetreuer Nachempfindungen, vier Opern und zwei Operetten hat er bislang in Szene gesetzt. „Orpheus in der Untertagewelt“ etwa, seine persönliche Version der berühmten Offenbach-Operette. „Hänsel & Gretel“ war dabei und auch „Frau Luna“.

Ein Klassiker: Der Fliegende Holländer strandete an der Küste vor Norwegen. Herrlich in Szene gesetzt von Hannes Papirnik und seinen Kollegen.
Ein Klassiker: Der Fliegende Holländer strandete an der Küste vor Norwegen. Herrlich in Szene gesetzt von Hannes Papirnik und seinen Kollegen. © Arend

Was Papirnik von den meisten Kollegen unterscheidet: Er platziert sein Papiertheater auf einer Art Zirkuswagen, einer natürlich selbstgebauten Bollerkarre, die er so zusammenklappen kann, dass sie auch in den Transporter passt.

„Gut 25 Mal hab ich den Holländer geprobt, bevor ich damit auftrat“, erzählt der Mann, der während der Vorstellung hinter den Kulissen steht und die Puppen und Landschaften von Hand verschiebt. Alles ist genau durchgetaktet, was aber auch sein muss, schließlich kommen Musik und jedes Wort vom Band. Wehe, Papirnik würde sich mal in einer Figur vergreifen . . .

Eine ganze Wagner-Oper in 33 Minuten

In der „Kulturpinte“ jedenfalls lief an jenem Abend alles total nach Plan. Beide Vorstellungen waren ausverkauft, die jeweils rund 30 Zuschauer hatten Spaß nahezu ohne Ende. Auch das Verdienst von Patrick Simsheuser, der als Erzieher im Freizeitbereich des Hauses arbeitet und mit einigen Kollegen die Hörspiele einsprach, die die Aufführungen tragen.

„In Absprache mit Richard Wagner habe ich die Erlaubnis, die Spielzeit zu kürzen“, scherzte Papirnik, bevor er den auf den Weltmeeren umherirrenden Fliegenden Holländer mit seinem Geisterschiff vor der norwegischen Küste stranden ließ. Blutrote Segel, heulender Wind, und die junge Kaufmannstochter Senta, die sich vor Gram von den Klippen stürzte, weil der Holländer sie letztlich doch nicht wollte. All das in 33 Minuten. Würde so manch einer Oper sicher auch gut stehen . . .