Essen-Horst. . Der Termin für die Zwangsversteigerung des Gewerbeparks an der Dahlhauser Straße steht fest. Die Mieter sind in Sorge – doch es besteht Hoffnung.
Dem Gewerbepark an der Dahlhauser Straße 103 in Horst droht die Zwangsversteigerung – und damit wieder einmal ein Eigentümerwechsel. Am 14. Juni könnte das Ensemble aus acht Gebäudekomplexen im Amtsgericht Essen unter den Hammer kommen. Die Mieter sind in Sorge.
Der Gewerbepark in Horst liegt eingebettet zwischen der Dahlhauser Straße und der Gleisanlage der Bahnlinien S1 und S3. Das Areal mit einer Nutzfläche von 17 451 Quadratmetern verfügt auch sonst über eine recht gute Verkehrsanbindung. Die A 40 in nördlicher Richtung, die A 44 im Süden und die A 52 im Westen sind allesamt binnen zehn Minuten erreichbar.
Areal besitzt einen Verkehrswert von 2,1 Millionen Euro
Dennoch gilt das Areal (Flurstücke 262 und 426) mit einem Verkehrswert von gut 2.1 Millionen Euro – zumindest aus Sicht möglicher Investoren – nicht unbedingt als Filetstück. Rund 150 Jahre industrielle Nutzung haben Spuren hinterlassen. Vermutet werden Altlasten im Boden. Dies geht aus einem Gutachten zur Wertermittlung hervor. Verunreinigung durch polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Schwermetalle oder Mineralöl-Kohlenwasserstoffe im Bereich von Tankanlagen werden nicht ausgeschlossen.
„Doch es gibt noch weitere Probleme“, sagt Adam Kansy. Der Spediteur betreibt seit drei Jahren seine Firma in Horst: „Ein Teil der Wasserleitungen ist marode“, sagt er. „Und einige Hallen sind auch nicht mehr richtig dicht.“ Dies kann Horst Trant, der sich auf die Wartung und den Umbau von Laboreinrichtungen spezialisiert hat, aus eigener Erfahrung bestätigen: „Ich arbeite zum Teil mit sehr hochwertigen Geräten. Die musste ich schon einmal bei ihm unterstellen, weil es reinregnete.“ Ein Nachbar aus der Kfz-Branche will seinen Namen nicht nennen, weiß aber von Kilometer langen Gängen unter dem Gelände, die längst zugemauert sind. „Da weiß niemand, was man alles finden würde, wenn man denn sucht.“ Auch um den Brandschutz sei es nicht sonderlich gut bestellt. „Hydranten für die Feuerwehr gibt es hier jedenfalls keine.“
Altlasten im Boden werden vermutet
Warum jedoch alle in Horst bleiben wollen, hat unterschiedliche Gründe. „Alles in allem bin ich zufrieden“, sagt Trant. „Wir haben hier seit einem Jahr einen neuen Hausmeister, der sich kümmert. In der Regel reicht da ein kurzer Anruf.“
Auch Spediteur Kansy hat sich mit den Gegebenheiten arrangiert: „Von möglichen Altlasten bin ich in meiner Branche ja nicht direkt betroffen. Doch ich habe hier meinen Lkw-Standort, die Hallen zum Beladen und auch mein Büro.“ Außerdem: „Wo sollte ich so schnell etwas Neues finden, wenn ich hier raus müsste?“ Noch dazu zu diesem Preis. Der Horster Gewerbepark gilt als vergleichsweise günstig.
Traum von einer Eigentümergemeinschaft der Mieter
Von der Zwangsversteigerung erfahren hat das Trio ebenso zufällig wie Mathias Trost, der im elften Jahr seinen Getränkegroßhandel vor Ort betreibt: „Da kamen vor einem Monat ein paar Leute vorbei, die sich das Gelände angeschaut haben. Das waren wohl mögliche Investoren.“ Eine offizielle Bekanntmachung gab es nicht und wird es auch nicht geben, sagt Bernhard Stroh. Der Rechtsanwalt arbeitet in der Essener Kanzlei Schult Sozien (STS), die als Zwangsverwalter eingesetzt wurde. „Der Termin wurde online öffentlich gemacht.“
Horst Trant bleibt gelassen: Ich habe hier schon einige Eigentümer kommen und gehen sehen. In 30 Jahren im Job entwickelt man ein dickes Fell.“ Sein Zweckoptimismus könnte sich als richtig erweisen. „Es gibt Pläne, das Zwangsversteigerungsverfahren aufzuheben“, sagt Rechtsanwalt Stroh. Die Gläubigerbank hätte bereits eingewilligt, will das Areal frei verkaufen. „Doch beschlossen ist das noch nicht. Außerdem kann das Verfahren innerhalb von sechs Monaten wieder aufgenommen werden. Eine 100-prozentige Garantie haben Mieter nie.“
Dafür aber kreative Ideen: Tischlermeisterin Monika Strerath träumt von einer Eigentümergemeinschaft aller Mieter: „Die Gemeinschaft hier ist intakt. Wir alle lieben hier das industrielle Ambiente. Das wäre eine tolle Sache.“
>> DEN ANFANG MACHTE DAS HÜTTENWERK
Das Grundstück an der Dahlhauser Straße 103 hat eine bewegte Geschichte hinter sich und wurde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts industriell genutzt. Den Anfang machte damals das Hüttenwerk Neu-Schottland.
Aktenkundig ist, dass bereits im Jahr 1856 auf dem Grundstück eine Hochofenanlage durch die damalige Gewerkschaft Neu-Schottland betrieben wurde. Im Zeitraum 1856/1857 errichtete der gleichnamige Berg- und Hütten-Aktien-Verein in Horst so genannte Puddel-öfen. „Diese dienten der Herstellung von Stahl aus Roheisen, der in erster Linie zur Produktion von Eisenbahnschienen verwendet wurde“, erklärt Arndt Hepprich vom Steeler Archiv. „Das Hüttenwerk Neu-Schottland war in dieser Zeit eines der größten überhaupt.“
Im Jahre 1860 wurde ein Schmelzwerk mit zwei Hochöfen als „Freisenbrucher Hütte“ erbaut, ab 1873 hieß es dann Union Horst, später Eisenwerk Steele. „Der Name Eisenwerk Steele existiert noch heute als Bushaltestelle“, sagt Arnd Hepprich.
Der vorerst letzte Nutzer war dann die Firma Vereinigte Schraubenwerke, die dort in dem mittlerweile wieder aufgegebenen Stahlwerksbau ab dem Jahr 1904 die Produktion aufnahm und im Jahr 1993 geschlossen wurde. Die auf dem Areal befindlichen Gebäude wurden im Zeitraum von ca. 1850 bis ca. 1965 errichtet.
1995 wurde das Objekt in den Gewerbepark „Essen-Steele Dahlhauser Straße.“ umgenutzt. Dabei sind durch Umbauten kleinteiligere Nutzungseinheiten entstanden. Heute befinden im Gewerbegebiet an der Dahlhauser Straße beispielsweise ein Getränkegroßmarkt, ein Fitness-Center, verschiedene Kfz-Werkstätten mit unterschiedlicher Spezialisierung sowie Transportunternehmen und auch eine Möbelwerkstatt.