Überruhr. Liebrechtstraße soll letzte Obdachlosenunterkunft Essens werden. Geplante Umbaukosten: rund drei Millionen Euro. Anwohner fürchten, dass der „Stadtteil kippt” und sammeln Unterschriften.

Die Stadt will zwei ihrer drei Obdachlosenunterkünfte schließen. Die Eickwinkelstraße in Altenessen soll abgerissen und als Baugrund verkauft, die Märkische Straße in Freisenbruch so weit möglich den bisherigen Bewohnern vermietet werden. Darüber hinaus werden jetzt schon Obdachlose, so weit irgendwie möglich, in Mietwohnungen untergebracht. Übrig bleiben soll nur die Wohnanlage an der Liebrechtstraße in Überruhr-Hinsel. Hier sind Aus- und Umbauarbeiten in Höhe von zwei bis drei Millionen Euro geplant. Die Nachbarn schlagen Alarm. Und betonen zunächst, was sie auf keinen Fall wollen. „Das Zusammenleben hat bislang eigentlich gut geklappt. Die Häuser sollen ruhig so bestehen bleiben”, stellt Peter Brune fest. Die Betonung liegt auf „so bestehen bleiben”. Die Bürger fürchten als Folge des Konzeptes der Konzentration auf einen Stadtteil nun ein Getto. „Alle nicht mehr Vermittelbaren kommen dann nach Überruhr. Das kann das Umfeld und der Stadtteil gar nicht verkraften”, sagt Markus Koperek. Sie haben Angst, dass ihr Umfeld „kippt”. „Ich möchte meine Kinder allein zum Spielplatz schicken können”, so Koperek. Unsicherheit, Auseinandersetzungen, Wertverluste des Eigentums: Die Ängste der Nachbarn sind vielfältig. „Und auch verständlich”, sagt Stadtsprecher Detlef Feige, fügt aber an: „Aber nicht nötig.” Ein „hartes Klientel”, werde dort nicht untergebracht. „Die haben gar keine Lust auf solche Unterkünfte und die damit verbundenen Spielregeln”, sagt Feige: „Es besteht absolut keine Gefahr.” Das sehen die Anwohner anders. Aus der Vorlage der Verwaltung für den Stadtrat wissen sie: An der Liebrechtstraße sollen „überwiegend Personen leben, die nach gegenwärtigem Stand als nicht vermittelbar gelten.” Markus Koperek ist im Umfeld groß geworden. „Zustände wie in den 70ern mit Jagdszenen wollen wir nicht”, sagt er. Die Initiative sieht Überruhr als einzigen Leidtragenden von sozialen Härtefällen der Stadt. „Ich habe gelernt, dass eine Stadt verpflichtet ist, einen Ausgleich zu schaffen. Das ist so nicht der Fall”, kommentiert Peter Brune. Rund 450 Unterschriften hat die Nachbarschaftsinitiative schon gesammelt. Über 4000 Flugblätter sind gedruckt, die in den kommenden Wochen in den Briefkästen im Umfeld landen sollen. Am 15. und 16. Februar wollen sie am Einkaufszentrum auf Unterschriftenfang gehen. Die Zeit drängt für sie. Ende Februar soll der Rat letztlich über das Unterbringungskonzept auch der Obdachlosen entscheiden.

Unterbringung

Derzeit sind 76 von 94 Räumen belegt. 123 Männer, Frauen und Kinder wohnen in der Unterkunft. Nach dem Aus- und Umbau sollen 128 Wohnungen bezugsfertig sein. Die jedoch, so Stadtsprecher Detlef Feige, niemals ganz belegt sein werden. Die Stadt muss nämlich auch für Menschen, die kurzfristig ihre Wohnungen verlassen mussten, etwa durch Brand, eine Notunterkunft bereit halten.