Steele. . Das soziokulturelle Zentrum Grend feiert 20-jähriges Bestehen. „Wir können stolz sein“, sagt Geschäftsführer Johannes Brackmann im Interview.
Zusammen mit seinem Team feiert Johannes Brackmann in diesem Jahr den 20. Geburtstag des Grend. Wir sprachen mit dem Geschäftsführer des soziokulturellen Zentrums über harte Zeiten, wichtige Kämpfe und den Wandel vom Nischenprodukt zum öffentlich wahrgenommenen Kulturträger.
Herr Brackmann, wie sind Sie zum Grend gekommen?
Brackmann: Das kam 1982 über den Vorläuferverein Werkstatt e.V., einen soziokulturellen Verein in der alten Carbidfabrik Vogelsand in Horst. Über die Anerkennung als Träger der Erwachsenenbildung schufen wir uns einen stabilen Förder-Sockel, auf dem wir uns weiterentwickeln konnten. Mein kompletter Einstieg war Ende der 1980er-Jahre. Mein Traum war immer schon, eine freie Kultureinrichtung zu gründen.
Was war der härteste Kampf auf dem Weg dorthin?
Brackmann: Anfang der 1990er Jahre haben wir enorm um die Förderung gerungen, damit wir das alte Rathaus an der Westfalenstraße als Haus nutzen konnten. Unser erstes Konzept war naiv und finanziell viel zu niedrig angesetzt. Da hat ein Gutachter für uns festgestellt, dass wir im Jahr mindestens 360.000 D-Mark benötigen.
Die Summe war politisch schwer zu vermitteln. Aber irgendwann haben wir das Geld bekommen, konnten loslegen und 1996 das Grend öffnen. Dass dies aber auf Dauer zu wenig sein würde, wussten wir schon damals.
Und seitdem ist es eigentlich ein ständiges Ringen um die Förderung – ein extrem leidiges Thema, auch wenn es hier und da mal kleine Erhöhungen gab.
Welche entscheidenden Punkte haben das Haus überleben lassen?
Brackmann: Der durchschlagende Erfolg des Erstlingsstückes des Theaters Freudenhaus aus der Feder von Autor Sigi Domke, „Freunde der italienischen Oper“, hat uns Ansehen gebracht und Einnahmen beschert. Das Zusammenführen der Einzelvereine Werkstatt und Zimmertheater in Essen in eine gemeinsame Struktur hat uns viel Handlungsspielraum untereinander gebracht, um die Einnahmen gerecht zu verteilen und das Programm zu steuern.
Und der Einbau einer Lüftungsanlage Ende der 1990er-Jahre im Veranstaltungsraum hat den Konzertbereich überleben lassen. Wegen der schlechten Luft standen sonst immer die Fenster offen. Nachbarn beschwerten sich über den Lärm, wir hätten den Bereich schließen müssen.
Stand das Grend mal richtig auf der Kippe?
Brackmann: Eigentlich hatten wir jahrelang eine Dauerkrise. Es gab immer wieder Momente, in denen der Stadtkämmerer oder die Politik Kürzungen angekündigt hatten. Wir haben aber frühzeitig Steuerungselemente eingebaut, mit denen wir das Haus auch in schwierigen Zeiten weiterführen konnten. Deshalb haben wir Mitte 2000 einen Haustarif eingeführt. Alle Mitarbeiter haben im Dienst der Sache auf ihr tariflich dem öffentlichen Dienst gleichgestelltes Gehalt verzichtet. Eigentlich ist das sehr ungerecht.
Wann hat sich denn der öffentliche Blick aufs Grend vom linken Nischenprodukt zur anerkannten Bereicherung des Kulturlebens gewandelt?
Brackmann: Ende der 1990er-Jahre haben wir uns im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Emscherpark (IBA) in der „Off-Szene Ruhr“ breit aufstellen können. Ab da wurden wir schon anders wahrgenommen, auch weil wir in diesem Netzwerk erstmalig dann auch mit den großen Kulturplayern der Region zusammengearbeitet haben.
Sie sind Sie stolz auf das Erreichte?
Brackmann: Ja, aber es ist eindeutig ein Stolz auf das „Wir“. Wir können stolz sein, so ein Projekt wie das Grend ist immer auch ein Gemeinschaftsprojekt, keine One-Man-Show. Einschließlich Kursen und Vermietungen machen wir heute bis zu 600 Veranstaltungen für bis zu 60.000 Menschen pro Jahr.
Was könnte besser sein?
Brackmann: Wieder muss ich die Förderung nennen. Wir bekommen zwar von der Stadt 230.000 Euro Betriebskostenzuschuss jährlich zuzüglich Miete und Energiekosten. Das ist ein Drittel der Gesamtkosten des Zentrums. Den Rest müssen wir selbst erwirtschaften. So können wir eben nichts Neues ausprobieren oder uns weiterentwickeln. Jede Veranstaltung muss sich rechnen, Risiken können wir uns nicht leisten.
Ist so etwas wie das Grend in den nächsten Jahrzehnten noch haltbar?
Brackmann: Zum 20. Geburtstag hat uns das Glückwunschschreiben eines ehemaligen örtlichen CDU-Ratsherrn erreicht, die CDU wollte hier damals ein Heimatmuseum unterbringen. „Ich habe mich geirrt“, hat er geschrieben. Ich glaube, es ist nun einfach überall angekommen, dass das Grend eine wichtige Funktion in der Stadt hat.