Essen-Freisenbruch. . Prügeleien wegen Raumknappheit, lange Schlangen bei der Kursanmeldung und laute Disco-Abende: Das gehört zur Geschichte des Bürgerhauses Oststadt.
Heiße Disco-Abende, 3000 Übernachtungsgäste nach den Ostermärschen, lange Warteschlangen zu Kurs-Anmeldungen und laute Demos wegen fehlender Räume für Jugendliche: All das hat das Bürgerhaus Oststadt in den vergangenen 40 Jahren erlebt. Auf die schaut Peter Manns, der die Einrichtung von 1982 bis zum Vorjahr leitete, nun zum runden Geburtstag zurück und stellt fest: „Die wilden Zeiten sind vorbei.“ Geblieben ist aber ein Treff für Familien, Kinder, Jugendliche wie Senioren für die es zahlreiche Angebote gibt: Sprach-, Musik- und Handarbeitskurse zählen dazu wie auch die Stadtteilbibliothek.
Von Anfang an waren die Arbeiterwohlfahrt und das Steeler Kinderballett mit an Bord. Die MTG Horst bietet Sportkurse an. Neu am Schultenweg ist Gisela Peters. Die 58-jährige Diplom-Sozialarbeiterin übernahm die Leitung des Hauses im vergangenen Herbst, arbeitete zuvor in mehreren Abteilungen des städtischen Jugendamtes mit Kindern und auch Jugendlichen. Zuletzt lernte sie im Bereich des Integrations-Managements die arabische Kultur kennen, suchte regelmäßig Familien auf. Eine gute Voraussetzung für die neue Aufgabe, haben doch rund 50 Prozent der Besucher im Bürgerhaus ausländische Wurzeln, stammen etwa aus dem Libanon oder Marokko.
Das hat auch etwas mit der Siedlungspolitik, der Wohnungsnot in den 1960er und 70er Jahren und letztlich mit der Entstehung des Bürgerhauses zu tun, erklärt Manns. Damals entstanden Siedlungen wie das Bergmannsfeld und das Hörsterfeld, kinderreiche Familien und Obdachlose seien willkürlich umgesiedelt worden. Es gab keine gewachsenen Strukturen, keine Infrastruktur, mit den libanesischen und russlanddeutschen Nachbarn wuchsen Integrationsprobleme.
Am 26. März 1976 eröffnete dann das Bürgerhaus, ein Pilotprojekt, das vom Land unterstützt wurde. Auf dem Grundstück einer Dorfkneipe entstand auf 10 000 Quadratmetern Nutzfläche der Treff mit dem großen Saal für Konzerte, Theaterabende oder Flohmärkte, mit Veranstaltungsräumen, Mädchen-Ecken, Turnhalle, Kegelbahn, Küche, Räume zum Gitarre spielen, töpfern oder malen.
Der Kerngedanke: Die Hauptamtlichen sollten nicht als Programmgestalter fungieren, sondern als eine Art Animateure den Menschen helfen, Veranstaltungen selbst zu planen. Es ging darum, die Bürger dazu zu kriegen, „ihre Interessen zu äußern, das Leben und den Alltag in die Hand zu nehmen und es mit Hilfe der Mitarbeiter zu organisieren“, fasst Manns zusammen. Die Zahl der Hauptamtlichen sei jedoch bei Sparrunden der Stadt geschrumpft. Neben vier Sozialarbeitern gebe es einen Erzieher, von 1,5 Stellen in der Verwaltung sei eine halbe übrig. Auch die Technikjobs wurden ausgedünnt, es blieb einer neben dem Hilfshausmeister.
Geblieben ist auch das klare Ziel, Familien in die Lage zu versetzen, Probleme zu erkennen und sich selbst darum zu kümmern. Dazu zählen schlechte Ernährung, Bewegungsmangel wie fehlende Förderung, sagt Gisela Peters. Spracherwerb stehe aktuell für Flüchtlinge ganz oben. Beziehungsarbeit sei die Voraussetzung dafür, dass Familien den Weg ins Bürgerhaus finden. Zumindest bei den Kindern und Jugendlichen ist das im Laufe der Jahre schwierig geworden. Es wurde daher immer wichtiger, mit verbindlichen Angeboten zu arbeiten.
„Früher haben sie uns die Bude eingerannt“, erinnert sich Manns an Zeiten, in denen es wegen fehlender Räume Prügeleien unter Jugendlichen und lautstarke Demos gab. Regelrechte Konkurrenz herrschte zwischen Gruppen aus dem Bergmannsfeld und dem Hörsterfeld. Vor allem aber gab es legendäre Disco-Nächte im Keller, wohin die Jugendlichen ausweichen mussten. Dienstags und freitags dröhnte dort die Musik, 200 Jugendliche feierten, tausende Beziehungen begannen. Wer Liebeskummer hatte oder zu Hause rausflog, fand im Bürgerhaus ein offenes Ohr. „Wir haben mit denen gelebt“, sagt Peter Manns. Heute sind einige der früheren Besucher als Stadtteilmütter unterwegs, andere bieten selbst Tanz- oder Kampfsportkurse im Bürgerhaus an. Und so manche kommen als Eltern wieder und bringen jetzt ihre Kinder mit.
Das Programm:
Das Bürgerhaus Oststadt am Schultenweg 37-41 feiert seinen 40. Geburtstag mit einer Festwoche, von Montag, 4., bis Sonntag, 10. April. Das Programm:
Malworkshop: Zeichnen lernen wie Greg in der Stadtteilbibliothek, Montag, 4. April, 9.30 bis 11 Uhr und 11.15 bis 12.45 Uhr.
Ausstellungseröffnung: ‚Vom „Stillen Winkel“ zur Siedlung Bergmannsfeld‘. Eine Gemeinschaftsausstellung von Klaus Geiser und dem Steeler Archiv am Dienstag 5. April, 11 Uhr; die Ausstellung ist täglich von 11 bis 18 Uhr geöffnet.
La Grande Comedie des Masques des Pantomimen-Duos Habbe & Meik, Dienstag, 19.30 Uhr: Eintritt: 21 Euro, Abendkasse: 25 Euro.
Thematischer Stadtteilspaziergang für alle Interessierten zur Stadtteilplanung im Bergmannsfeld, danach Kaffeetrinken, Mittwoch 6. April, 11 Uhr, Treff am Bürgerhaus.
Kindertheater Töfte: „Ritterhelmpflicht für kleine Drachen“ für Kinder ab 4 Jahren, 10 und 15 Uhr, Jubiläumspreis: 0,40 Euro.
Autorenlesung: Claudia Schreiber liest für Grundschulkinder aus „Sultan und Kotzbrocken in einer Welt ohne Kissen“ in der Stadtteilbiliothek, Donnerstag 7. April, 9 bis 10 Uhr und 10.30 bis 11.30 Uhr.
Awo Seniorenclub „Club 2000“ mit einer Tanzaufführung des Seniorentheaters Essen e.V., ab 14 Uhr.
„Wiedersehen macht Freude“: Bo-Disco für alte und neue Wegbegleiter des Bürgerhauses, Freitag 8. April, 19 Uhr – Ende offen. Eintritt: 0,40 Euro.
Tag der offenen Tür: Das Bürgerhaus stellt sich und alle aktuellen Angebote vor, Samstag 9. April, 15 Uhr.
Festakt für geladene Gäste, 40 Jahre Bürgerhaus Oststadt: Gemeinsam „neue“ Wege gehen, es moderiert Thomas Glup, Sonntag 10. April, 15 Uhr.