Essen-Kupferdreh. . Abriss des Kupferdreher Gotteshauses hatte sich lange verzögert. Das Gelände bietet die Chance, die Kliniken Ruhrhalbinsel zu erweitern.

Der 6. Dezember 2015 wird ganz sicher in die Historie der katholischen Gemeinde St. Josef eingehen. An diesem Sonntag wurde das rundum erneuerte und aufwändig sanierte Gemeindezentrum am Heidbergweg feierlich seiner Bestimmung übergeben. Und doch gibt es noch einen weiteren Grund, warum dieses Datum den Kupferdrehern in Erinnerung bleiben wird: Nur kurz vorher hatte der Abriss der alten Kirche St. Josef begonnen.

Es steckt eine gewisse Tragik in dieser Geschichte, „denn ohne den Verkauf des Kirchengrundstückes hätte der Umbau des Gemeindezentrums nicht finanziert werden können“, erklärt Gereon Alter, seit 2009 Pfarrer der neugebildeten Großpfarrei St. Josef Ruhrhalbinsel. So wurde das am 6. Mai 1904 geweihte Gotteshaus zur Keimzelle eines neuen, gemeindlichen Lebens in Kupferdreh.

Über den Preis des Geländes samt Kirchengebäude verliert der Käufer, die Katholischen Kliniken Ruhrhalbinsel, kein Wort. Auch über die weitere Verwendung der Parzelle kann Dorothee Renzel, Sprecherin der Contilia GmbH, derzeit keine abschließende Aussage treffen. Zumindest böte der Grundstückserwerb die Chance, das Klinikum zu erweitern.

Fledermäuse und Schwalben

In der Gemeinde selbst wird darüber bestenfalls gemutmaßt: „Vielleicht kommt da ein Hospiz hin“, sagt einer, der aber namentlich nicht genannt werden möchte, „weil die Gemeinde spätestens seit dem Verkauf des Geländes außen vor ist“, wie Pfarrer Gereon Alter zugibt. „Selbst über den Abriss der Kirche wurden wir nicht mehr extra informiert. Vom Beginn der Arbeiten haben wir erst erfahren, als hier die Bagger anrückten.“

Vertraglich hatte sich die Klinik verpflichtet, zeitnah mit dem Abtragen des schon 2013 profanierten Gotteshauses zu beginnen. Doch die Sache verzögerte sich. „Wir mussten erst prüfen, ob sich hier schützenswerte Fledermäuse einquartiert hatten“, sagt Dorothee Renzel. Das Ganze erwies sich jedoch als falscher Alarm. Dafür wurde allerdings eine Schwalbenart entdeckt, deren Gelege erst in eine andere Ecke des Klinik-Geländes umgesiedelt werden musste. Allein dies zog sich – unter Berücksichtigung der Brutzeit – bis September hin.

Nun haben die Bagger ihr Werk begonnen. „Bis Ende dieses Jahres soll die alte Kirche verschwunden sein. Dann werden nur noch die, im Rahmen des Kupferdreher Denkmalpfades, bereits 2007 etablierten Gedenktafeln an die Historie des Gotteshauses erinnern.

Trauernde Gemeindemitglieder haben nach Beginn der Abrissarbeiten Grablichter in den Trümmern des ehemaligen Kirchenportals aufgestellt. Die bereits halb zerstörte Pietà – ein Vesperbild, das Maria als „Schmerzensmutter“ mit dem vom Kreuz genommenen Leichnam des Jesus Christus zeigt – symbolisiert treffend die Gefühle der Kupferdreher Katholiken in dieser Zeit.

Die Geschichte der Kirche St. Josef begann schon im Jahr 1898. Hier die Historie des Gotteshauses bis zu seinem Abriss.

Die Historie der Kirche im Überblick:

1898

Lange wurde darüber diskutiert, ob die katholische Kupferdreher Gemeinde zu Dilldorf oder zur Pfarrgemeinde Niederwenigern gehören sollte. Am Ende wurde sie selbstständig. Im Jahr 1901 wurde der Kirchenbau genehmigt.

1902

Am 13. April folgt die Grundsteinlegung für die St. Josef-Kirche.

1904

Am 6. Mai wird das Gotteshaus geweiht. Fünf Jahre später ist die Gemeinde selbstständig – die Mutterpfarrei Niederwenigern erhält 30 000 Mark Abfindung.

1957

Bis 1958 wird die mittlerweile viel zu kleine Pfarrkirche umgebaut. Der alte Altarraum (Chor) wird gegen einen größeren ersetzt.

1961

Die Kirche bekommt ein neues Geläut. Die Glocken werden am 7. Juli in Gescher gegossen.

1976

Das Pfarrheim St. Josef wird eingeweiht. Es bleibt lange Jahre unverändert. Erst im Jahr 2015 soll es saniert werden. Das Geld stammt aus dem Verkauf des Kirchengeländes.

1995

Am 19. März wird die neue Sandtner-Orgel eingeweiht. Nur 19 Jahre später findet sie ihren Platz im bayerischen Amberg.

2008

Die Großgemeinde St. Josef Ruhrhalbinsel wird gegründet. Ein Jahr später wird klar: Die Kirche St. Josef wird fallen.

2013

Am 23. November wird die Kirche profaniert. Neue Hauptkirche der Pfarrei St. Josef wirddie Herz-Jesu-Kirche in Burgaltendorf.