Essen-Überruhr. . Dem ökologisch wertvollen Heuweg in Überruhr-Hinsel drohte schon häufiger die Bebauung. Durch die Flüchtlingsdiskussion gerät er wieder in den Fokus

Die jüngsten Vorschläge der Stadtplaner, neue Wohngebiete für die zu erwartenden 6000 Flüchtlinge zu erschließen, haben die „Bürgerinitiative Essen-Überruhr“ (Ebi) in Aufruhr versetzt. Denn auf der Liste der dazu auserkorenen 15 Standorte taucht auch der Heuweg in Überruhr-Hinsel auf. „Wieder einmal wird von der Verwaltung reflexartig auf dieses Areal zurückgegriffen, obgleich das Thema doch schon längst beendet schien“, moniert Brigitte Westerwick, Sprecherin der Ebi.

In der Tat rückt der Heuweg, dieses idyllische Fleckchen Erde nahe des Wichteltals, nicht zum ersten Mal in den Fokus der Stadtplaner. Schon im Jahr 2000 statt die Fläche zur Disposition, acht Jahre später wieder, als es darum ging, neue Gewerbeflächen zu schaffen. Erst Mitte dieses Jahres erklärte die Stadt den Heuweg erneut zum Objekt der Begierde, diesmal auch als mögliches Wohnquartier.

Doch immer wieder gelang es der Bürgerinitiative, flankiert von der örtlichen Politik und nicht zuletzt bestärkt durch die Stellungnahmen namhafter Umwelt-Organisationen wie BUND, NABU und dem Essener Umwelt-Tisch „Rute“, die unisono den hohen ökologischen Wert des Heuwegs als Frischluftschneise betonten, die von der Stadt geschürten Brandherde erfolgreich auszutreten. Dass dem Heuweg nun – wenn auch unter anderen Vorzeichen – eine erneute Bebauung droht, muss den wackeren Mitstreitern der Ebi wie eine Episode von „Und täglich grüßt das Murmeltier“ vorkommen.

Alle Argumente für die Katz’

Die Gefühlwelt von Brigitte Westerwick gestaltet sich aktuell als eine Mischung aus maßlosem Ärger, grenzenlosem Unverständnis und einer ordentlichen Portion Sorge um die schöne Landschaft. „Es ist schon dreist, wie hier mit den Bürgern umgegangen wird. Sind denn alle unsere Argumente plötzlich Schnee von gestern und alle ökologischen Beurteilungen ausgewiesener Fachleute für die Katz’? Wer glaubt da noch an eine vertrauenserweckende Politik?“

Was erst letztens frisch abgelehnt und vor Jahren nicht gut war, könne und dürfe auch nun durch die Flüchtlingssituation nicht anders beurteilt werden, betont Westerwick. „Dies wäre schon unfair der hiesigen Bevölkerung gegenüber, die auch nicht die Gelegenheit bekommen konnte, auf dieser sensiblen Grünfläche zu bauen“. Und erst mal in Rage, fügt sie an: „Wie üblich, wurde niemand gefragt. Wir mussten dies wieder aus den Nachrichten erfahren.“

Die Position der Bürgerinitiative: Es muss Schluss sein mit den Attacken der Stadtverwaltung auf die wenigen Freiflächen in Essen. Baulückenschließung und Sanieren im Bestand seien gefragt. Dies würde auch dem erklärten Vorsatz von Chef-Planer Hans-Jürgen Best entsprechen, der eine Ghettoisierung der Flüchtlinge vermeiden möchte. „Doch wie soll dies funktionieren, wenn an einem Standort im Schnitt 400 Menschen leben müssen?“ fragt sich Westerwick.

Zuspruch erhält sie von Landwirt Georg Groote, Besitzer des Areals: „Ich verkaufe hier keinen einzigen Zentimeter Land.“