Heisingen. . Der heute 80-jährige Heisinger war in den 1950er Jahren ein großes Boxtalent und sammelte fleißig Deutsche Meistertitel. Eine Erfolgsgeschichte

Karl-Heinz Rauen sieht man seine 80 Jahre nun wirklich nicht an. Fit hat er sich immer gehalten, bis heute. Regelmäßig geht er schwimmen oder dreht mit dem Fahrrad eine Runde um den Baldeneysee. Lange Zeit hat er Basketball gespielt, bis sein Arzt es ihm verbot. „Wenn Sie sich Ihre Knie kaputt machen wollen, dann machen Sie weiter“, habe der gesagt. Diesen Rat hat Karl-Heinz Rauen berücksichtigt. Sport hat er in seinem Leben so viel gemacht, „dass ich nun etwas kürzer treten kann“, findet er. Da kann man ihm nur zustimmen, wenn man weiß, dass eben der Karl-Heinz Rauen, der heute mit seiner Frau Ingeborg in einem gemütlichen Haus mit gepflegtem Garten mitten in Heisingen wohnt, vor rund 60 Jahren ein gefeierter Boxer war. Eins der ganz großen Talente, wie man ihm von allen Seiten bescheinigte.

Sein Onkel brachte ihn zum Boxen

Ob er zum Boxen kam oder das Boxen zu ihm, das weiß Karl-Heinz Rauen gar nicht so genau. Fakt ist, dass er über seinen Onkel mit dem Boxsport in Kontakt kam. „Ich wollte früher eigentlich immer Fußball spielen, aber mein Onkel boxte bei 1885 Kupferdreh. Da habe ich dann einfach gefragt, ob ich zum Training mitkommen könnte.“ Wie alt Karl-Heinz Rauen zu diesem Zeitpunkt war? „Da muss ich 11 oder 12 gewesen sein.“

Bei 1885 Kupferdreh machte der junge Karl-Heinz seine ersten Gehversuche im Ringgeviert. Der Verein war eigentlich ein Turnclub, der jedoch auch eine Boxriege unterhielt. „Damals hatte jeder Stadtteil in Essen einen eigenen Boxverein, das war sehr beliebt.“ Die ersten Versuche im Ring waren allerdings zugegebenermaßen nicht unbedingt von Erfolg gekrönt. „Am Anfang bekam ich ganz ordentlich den Hintern versohlt“, erinnert sich Karl-Heinz Rauen. Doch eins brachte der junge Sportler mit: Ehrgeiz. Er trainierte und trainierte, und irgendwann wendete sich das Blatt im Ring. Das ging so weit, dass „Kalla“, wie er von Freunden, Gegnern und der Presse genannt wurde, im zarten Alter von nur 15 Lenzen seine erste Deutsche Meisterschaft gewann. „Ein großartiges Spektakel, damals in der Waldbühne in Berlin. Ich kämpfte da vor 20 000 Zuschauern.“

Wieder zurück in Essen, wurde er frenetisch gefeiert. Karl-Heinz Rauen betrachtet eine alte Schwarz-Weiß-Fotografie. Darauf ist er als frischgebackener Deutscher Meister mit Siegerkranz zu sehen, neben ihm steht stolz seine Mutter Helene. „Ich bin meiner Mutter immer noch dankbar, dass sie mir das Boxen ermöglichte, trotz ihrer kleinen Rente. Mein Vater war im Krieg gefallen und sie musste mit dem Geld für drei Söhne sorgen.“

Nach dem Gewinn der ersten Deutschen Meisterschaft ging es steil bergauf für „Kalla“. Mehr als 50 Kämpfe lang blieb er ungeschlagen. Weitere Jugendmeisterschaften kamen hinzu, und 1955 wurde er sogar Deutscher Seniorenmeister im Leichtgewicht – die Kämpfe wurden damals in der Grugahalle ausgetragen. „Ich hatte natürlich ganz fürchterliche Angst, lief die ganze Zeit unruhig um die Halle“, erinnert sich Ehefrau Ingeborg Rauen.

Mit 28 Jahren, nach mehr als 150 Kämpfen, die letzten davon als Profi, darunter auch drei Länderkämpfe, war für „Kalla“ Schluss mit dem Boxen. „Als mein Sohn zur Welt kam, wollte ich, dass er auch etwas von seinem Vater hat“, erinnert sich Karl-Heinz Rauen. Seine Frau wird das gefreut haben.

Alte Pokale, Schärpen und Fotos werden bei Rauens sicher verwahrt und gehütet. Denn das Boxen ist eines der großen Kapitel im Leben des rüstigen Senioren. Ein Kapitel, bei dem Rauen glänzende Augen bekommt, wenn er davon erzählt.