Huttrop. „Hallo Chef, wie geht es?” Wenn Günter Oelscher, fast immer eilig, durch die Gänge läuft, die Wäscherei oder die Backstube besucht, ist es immer wieder dasselbe Ritual.

Schutzengelhaus Franz Sales Haus historisch
Schutzengelhaus Franz Sales Haus historisch © WAZ

Und Oelscher macht das sichtlich Spaß. Als Direktor des Franz Sales Hauses freut er sich über die freundliche, ja fast fröhliche Stimmung, die zum Beipiel in den verschiedenen Werkstätten des Hauses herrscht. „Unsere Ziel ist es, den Menschen ein würdiges Leben zu ermöglichen, dazu gehört auch der Spaß an der Arbeit.” Doch der Arbeitsbereich ist nur ein Teil des „sozialen Konzerns” der sich, seit 125 Jahren der Grundidee der Gründerväter folgend, um Menschen mit geistigen Behinderungen kümmert

Haupthaus Franz Sales Haus historisch
Haupthaus Franz Sales Haus historisch © WAZ

Die noch heute gültige Verbindung traditioneller Werte und innovativer Ideen trieb schon die 13 sozial engagierten Essener an, als sie am 3. April 1884 den „Verein zur Erziehung und Pflege katholischer idiotischer Kinder beiderlei Geschlechts aus der Rheinprovinz” - Keimzelle des heutigen Franz Sales Hauses - gründeten. Bereits am 10. November des Jahres nimmt der Verein im Klostergebäude der Congregatio Beatae Mariae Virginis (BMV) im II. Hagen mit 22 Kindern die Arbeit auf. Sie wurden von fünf Ordensschwestern, zwei Dienstmägden, einem Wärter, zwei hauptamtlichen Lehrern und zwei nebenamtlichen Taubstummenlehrern betreut. Seit diesem Start als eine der ersten Einrichtungen dieser Art war das Haus auf Wachstum programmiert.

Antoniushaus Franz Sales Haus historisch
Antoniushaus Franz Sales Haus historisch © WAZ

Schon fünf Jahre nach der Gründung beschließt der Trägerverein, aus den gemieteten BMV-Räumen auszuziehen und am heutigen Standort in Huttrop das erste eigene Haus zu bauen. Nach Übergangslösungen im Segeroth ziehen 1892 die 197 behinderten Kinder und ihre Betreuer in das nach dem französischen Kirchenlehrer und Ordensgründer François des Sales benannte Haus an der heutigen Steeler Straße ein. Zum Haus gehört auch eine eigene Kirche, die so groß angelegt ist, daß sie auch von der Huttroper Gemeinde genutzt werden kann.

Franz Sales Haus 125 Jahre vl: Weihbischof Ludger Schepers, Brigitte Kessler an der Faltmaschine, Leiter der Wäscherei Matthias Urban und Direktor Günter Oelscher
Franz Sales Haus 125 Jahre vl: Weihbischof Ludger Schepers, Brigitte Kessler an der Faltmaschine, Leiter der Wäscherei Matthias Urban und Direktor Günter Oelscher © WAZ

Danach geben sich, fast wie heute, die Bauhandwerker auf dem großen Gelände die Klinke in die Hand. Ein neues Haus folgt dem anderen, die Bewohnerzahl der „Anstalt” wächst kontinuierlich. Zu den Neubauten gehört übrigens auch eine Gymnastikhalle. Sport wurde im Franz Sales Haus, das zeigt auch das heutige Leistungszentrum, schon immer groß geschrieben.

Einen tiefen Einschnitt bedeutete die Nazi-Zeit und der Krieg. Die Chronik berichtet von vielen Bewohnern, die in Vernichtungslager deportiert wurden.

1946 leben in den weitgehend zerstörten Gebäuden von den ursprünglich 1290 Pfleglingen noch 162.

Kinderzimmer Franz Sales Haus historisch
Kinderzimmer Franz Sales Haus historisch © WAZ

Heute betreuen rund 800 Mitarbeiter des Franz Sales Hauses über 1500 Menschen mit geistiger Behinderung.

Zahlen und Fakten

Heute betreuen 800 Mitarbeiter des Franz Sales Hauses rund 1500 Menschen mit geistigen Behinderungen an den 20 über ganz Essen verteilten Standorten. Die Einrichtung bietet 530 Menschen ein Leben in den unterschiedlichsten Wohnformen. Das Angebot reicht vom klassischen Heimplatz bis zur Betreuung in der eigenen Wohnung.