Altenessen. Die Stadtteilbücherei in Altenessen ist Teil vom Sommer-Lese-Club. Der soll Kinder für Literatur begeistern. Doch es könnte noch besser laufen.
Die Ferien sind bald vorbei. Der von Land und Büchereiwesen initiierte Sommer-Lese-Club kommt am Ende des Monats zum Abschluss. Auch in der Stadtteilbibliothek an der Altenessener Straße hieß es für viele Schulkinder ab sechs Jahren in den letzten Wochen: Lesen, lesen, lesen. „Die Kinder haben richtig Freude an dem Projekt gehabt“, erzählt Leiterin Sylvia Schöner. Denn beim Sommer-Lese-Club geht es vor allem um eins – Kinder auch in den Ferien für Literatur zu begeistern, ihnen neue und spannende Medien näherzubringen.
Die Regeln sind denkbar einfach. Innerhalb der Sommerferien kann jedes Kind, das sich vorher angemeldet hat, in den Tiefen und Weiten der Bücherei stöbern – wer am Ende drei oder mehr Bücher gelesen hat, hat die Herausforderung gemeistert. „Mittlerweile zählt es aber auch schon, wenn man Comics liest oder ein Hörbuch hört“, ergänzt die Bibliotheksleitung mit einem Hauch Wermut. „Das ist in diesem Jahr neu und ich finde es etwas schade. Schließlich sollte es um das Lesen gehen, und nicht um das Hören.“ Jeden Tag kämen vier bis fünf Kinder, die im Sommer-Lese-Club mitmachen. „Wir sind doch zufrieden. Aber es könnte mehr sein.“
Werbung für den Sommer-Lese-Club in den Schulen
Dabei hat Sylvia Schöner Werbung gemacht. Im Juni und Juli ist sie durch fünf Altenessener Grundschulen und weiterführende Schulen gegangen, unter anderem die Hövelschule und das Leibniz-Gymnasium. Dort hat sie den Kindern das Konzept erklärt und Flyer verteilt. „Natürlich sind einige in den Urlaub gefahren oder wollten dann doch ihre Freizeit komplett genießen“, erklärt sie. „Aber im nächsten Jahr wollen wir noch mehr Aufmerksamkeit erregen und enger mit den Schulen zusammenarbeiten.“
Für die Kinder gibt es während der Aktion einige Sonderregeln. Sie bekommen einen eigenen Ausweis, auf dem so viele Medien ausgeliehen werden können, wie sie wollen. Der Clou: Es gibt keine Mahnungen und auch keine Gebühren – wer also für ein Buch mal eine Woche länger braucht, muss sich keine Gedanken machen. „Wir wollen den Zugang so niederschwellig wie möglich machen“, sagt Schöner. Wer erfolgreich beim Sommer-Lese-Club mitgemacht hat, kann im Norden an der großen Abschlussparty teilnehmen. Mit einem Überraschungsprogramm, Essen und Trinken werden die Lese-Erfolge der vergangenen Wochen am 14. September in der Stadtteilbücherei in Schonnebeck gefeiert. Dort treffen alle Lesefüchse aus Altenessen, Katernberg, Stoppenberg und Schonnebeck aufeinander. „Da sind dann oftmals zwischen 100 und 120 Kinder.“
Bücherei als Begegnungsmöglichkeit für Kinder
Das sei in vielen Stadtteilen anders. „Dort sind die Zahlen verhältnismäßig höher, viel mehr Kinder machen dort mit. Deshalb ist es hier im Norden besonders wichtig, als Bibliothek ein Anlaufpunkt zu sein“, erklärt Schöner. „In Altenessen gibt es nicht viele Begegnungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche, deshalb legen wir hier viel Wert auf ein breites Angebot an aktuellen Medien, um die Kinder zu begeistern.“ Besonders gefragt seien deshalb auch Bücher aus der Abteilung „Erstes Lesen“: „Viele Mütter, die Deutsch nicht als erste Sprache haben, kommen mit ihren Kindern, damit diese besseres Deutsch lernen. Da sind die Mütter sehr hinterher.“ Besonders im September, wenn die Kinder in die Schule kommen, seien die Regale oft geplündert.
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Was bei den Kindern in Altenessen auch beim Sommer-Lese-Club funktioniert hat, sind die Klassiker: Krimis, Abenteuer und Lustiges. Für die Mädchen dürfen es Geschichten von Einhörnern sein, für die Jungs auch mal was von Lego. Oder genau andersherum. Die Geschmäcker der Kinder in Altenessen seien ganz verschieden. Aber auf manche Dinge kann man sich dann doch noch verlassen: „Alles was mit den Superhelden von Marvel oder DC zu tun hat, wird wie verrückt gelesen. Interessanterweise lockt man Jungen und Mädchen übrigens immer noch mit Sachbüchern zu Feuerwehr und Polizei hinter dem Ofen hervor.“ Sylvia Schöner lacht. „Bücher sind halt zeitlos.“
>>> „Bibliothekare sind wie DJs“
Manchmal braucht es einfach jemanden, der Lust auf Veränderungen hat. In der Stadtteilbibliothek in Altenessen ist das Karsten Kurschat. Der 31-Jährige ist gebürtiger Altenessener und Fachangestellter für Medien- und Informationstechnik in der Bücherei. Seit zwei Jahren ist er fest in Altenessen angestellt – und hat einiges am Aussehen geändert. „Ich war vorher schon Jahre als Springer in allen möglichen Bibliotheken in Essen unterwegs. Auch hier war ich eingesetzt. Es war selten viel los, die Ausleihzahlen sind immer mehr gesunken. Als ich dann fest hier eingesetzt wurde, wollte ich etwas verändern.“
Das Zauberwort nennt sich Wohlfühlen. „In einer Bücherei will man sich doch willkommen und gut aufgehoben fühlen, man will gerne dort sein“, erklärt er. Und deshalb stellte er die Bücherei, nur mit den Materialien die bereits dort waren, auf den Kopf. So wurden die Regale, die vor den Fenstern standen, in die Mitte der Räumlichkeit gestellt, wurden von Lichtschluckern zu Raumteilern. Flux noch ein paar Glühbirnen ausgetauscht, ein ausgedientes Büro in einen Arbeitsraum für Schüler umfunktioniert und schon hatte die Bücherei einen ganz neuen Charme.
Neue und aktuelle Bücher sind das Wichtigste
„Bereits ein halbes Jahr nachdem ich angefangen hatte, haben wir Erfolge gesehen“, erklärt der 31-Jährige stolz. „Es hat sich schnell in Altenessen herumgesprochen, dass wir etwas geändert haben. Mittlerweile kommen viele Leute auch einfach zum Quatschen oder um einen Kaffee zu trinken, selbst wenn sie gar keinen Bibliotheksausweis haben. Wir haben viele Komplimente für die Umgestaltung bekommen.“
Besonders wichtig ist ihm die Aktualität im Bestand. „Die Leute wollen neue, aktuelle und moderne Bücher lesen. Es ist unabdingbar, auf dem neuesten Stand zu sein. Bibliothekare sind quasi DJ’s und müssen am Puls der Zeit sein, um zu wissen, was das Publikum haben möchte.“ Auch jetzt ist er noch nicht fertig: „Es ist ganz gefährlich, wenn ich mal 15 Minuten nichts zu tun habe. Dann komme ich direkt wieder auf Ideen und fange an, etwas umzustellen.“