Essen-Stoppenberg. . Auf dem Hallo-Friedhof ist wegen der großen Entfernungen im beschränkten Maße Auto fahren erlaubt. Das bringt so seine Probleme mit sich.

Friedhöfe sollen Orte des stillen Gedenkens an verstorbene Angehörige und Freunde sein. Doch dieses Bild gerät mehr und mehr ins Wanken. Am Stoppenberger Hallo-Friedhof zum Beispiel wird bei muslimischen Großbeerdigungen, zu denen schon mal weit mehr als 1000 Trauergäste erscheinen, bereits ein professioneller Ordnungsdienst eingesetzt. Auch die Polizei schaut regelmäßig vorbei, weil oft in weitem Umkreis kreuz und quer durcheinander geparkt wird. Und Autofahrer, die sich auf dem Friedhof nicht ans Tempolimit von 10 km/h halten wollen, werden jetzt sogar mit „Berliner Kissen“ gebremst. Bisher ohne Verkehrsschilder. „So weit sind wir noch nicht“, sagt Bernd Frömming von der Friedhofsverwaltung.

„Und das geht schon seit über einem Jahr so“

Das Islamische Grabfeld.
Das Islamische Grabfeld. © Socrates Tassos

Wie angespannt die Situation bei Friedhofsbesuchern sein kann, wurde kürzlich in der Einwohnerfragestunde der Bezirksvertretung VI deutlich. Dort schilderte eine Borbeckerin die Schwierigkeiten, wenn sie gemeinsam mit ihrem Cousin das Grab der Mutter pflegen möchte. Weil der 53-Jährige schwerbehindert ist, hat er eine Fahrgenehmigung für den Friedhof am Hallo. „Denn das Grabfeld 45 liegt weit entfernt vom Haupteingang, kurz vor dem islamischen Bestattungsfeld“, erklärte sie. Weil es meist alte Menschen seien, die die Gräber aufsuchen, dauere der Weg für sie zwischen einer halben und einer dreiviertel Stunde. Doch mehrmals bereits sei ihrem Cousin und ihr die Durchfahrt mit dem Auto untersagt worden, weil gerade eine muslimische Beerdigung stattfand. Sie sollten am nächsten Tag wiederkommen, sei ihnen gesagt worden. „Und das geht schon seit über einem Jahr so“, kritisiert die Borbeckerin.

Shuttleservice fährt Trauergäste über Nebenwege

Bernd Frömming von Grün und Gruga bestätigt ihre Schilderung. Aber es sei einfach nicht möglich, den Gästen einer muslimischen Trauerfeier die Durchfahrt bis zum Grabfeld zu untersagen, während gleichzeitig andere Friedhofsbesuchern die Erlaubnis bekämen. Deshalb wird das Fahrtor eine Stunde vor Bestattungstermin verschlossen und erst 30 Minuten nach der Bestattung wieder geöffnet. In dieser Zeit dürfe nur ein Shuttleservice Trauergäste über Nebenwege zum islamischen Bestattungsfeld bringen. Da liegt immerhin zwischen 500 und 700 Meter vom Haupteingang an der Hallostraße entfernt auf einer Anhöhe.

Muslimische Bestatter als Multiplikatoren

Ein Schild weist auf das muslimische Bestattungsfeld hin.
Ein Schild weist auf das muslimische Bestattungsfeld hin. © Socrates Tassos

Einzelheiten wurden von Grün und Gruga bereits vor fünf Jahren in einem „Regelwerk zum Ablauf von Großbestattungen auf dem Hallo-Friedhof“ mit islamischen Bestattern und Institutionen geregelt. Die Bestatter wollten ihren Teil dazu beitragen und schlugen vor, die Familienoberhäupter der Großfamilien einzubeziehen. Diese könnten als Multiplikatoren dafür sorgen, dass das Regelwerk von den Familien befolgt wird.

Allerdings betont ein Mitarbeiter des Friedhofs, dass nicht nur Trauergäste von islamischen Beerdigungen aggressiv auftreten. Auch andere Friedhofsbesucher, denen er vorübergehend die Einfahrt verwehrt, benähmen sich völlig daneben: „Ich höre dann Schimpfwörter, die man gar nicht wiedergeben kann. Und bespuckt wird man auch.“

>>> Sieben Polizeieinsätze bei Beerdigungen

Die Polizei hat den Hallo-Friedhof regelmäßig im Blick. In den letzten 400 Tagen wurde sie zu sieben Einsätzen gerufen, die im Zusammenhang mit Beerdigungen standen.

Bei einer muslimischen Trauerfeier wurden zehn Verwarngelder wegen Verkehrsbehinderungen erhoben. Einmal kam es zu einer Beleidigung, die ohne Strafanzeige blieb.

Muslimisches Grabfeld bekommt eigene Zufahrt

Seit 1972 gibt es ein islamisches Grabfeld auf dem Hallofriedhof. Es liegt im unteren Teil rechts vom Haupteingang, nahe der Hallostraße. Als es nach knapp 30 Jahren voll belegt war, musste ein neues Feld eröffnet werden. Denn nach muslimischen Ritus ist es nicht gestattet, Verstorbene in einem bereits genutzten Grabfeld zu bestatten.

Auf dem neuen Grabfeld werden jährlich etwa 150 Bestattungen durchgeführt. „Und es werden noch mehr werden“, glaubt Bernd Frömming. Denn der Hallo-Friedhof werde nicht nur von Muslimen aus Essen und Nordrhein-Westfalen, sondern wohl aus ganz Deutschland und europäischen Ländern ausgewählt. Deshalb macht man sich bei Grün und Gruga Gedanken über Erweiterungen und auch Verbesserungen. So werden in den kommenden Jahren weitere Grabreihen hergerichtet.

Um das Parkplatz- und Zufahrtsproblem zu lösen, steht nun zusätzlich der Parkplatz an der Bezirkssportanlage mit 250 Stellplätzen zur Verfügung. Hinweisschilder machen neuerdings auf das islamische Bestattungsfeld aufmerksam, einige wurden allerdings nach wenigen Tagen wieder zerstört.

Außerdem soll eine neue Zufahrt von der Langemarckstraße aus errichtet werden, samt 40 bis 50 Parkplätzen und einer Toilettenanlage. Die muslimischen Verbände sind bereit, so Bernd Frömming, sich an den Kosten zu beteiligen. Wie schon bisher auch, denn die Unterstände, Sitzbänke und auch Wasserstellen wurden von ihnen und Einzelpersonen mitfinanziert.

Update, 10. April 2018: Der Modellflugplatz am Rande des Hallo-Friedhofs in Essen-Stoppenberg muss vorerst nicht einem neuem Parkplatz sowie einer WC-Anlage weichen. Erst wenn auch die geplante Erweiterung des Grabfeldes nicht mehr ausreicht, müsste sich die Politik unter Einbeziehung der Bezirksvertretung mit dem Thema Modellflugplatz befassen, so Bernd Frömming (Grün und Gruga). Vor dem Jahr 2022 sei damit aber nicht zu rechnen.