Essen-Katernberg. . Nach unglaublichen 46 Jahren als Vorsitzender des Bürgervereins Beisen legt Egon Giborzik das Amt in jüngere Hände. An Bord aber bleibt er gerne.
„Die Gründung 1881 fiel in eine Zeit, als Essen auf dem Weg zur Großstadt war und Kohle und Stahl begannen, den Alltag zu bestimmen.“ Was der damalige Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Reiniger dem Bürgerverein Beisen 2006 zum 125-Jährigen in die Festschrift schrieb, löst bei Egon Giborzik noch heute ein wohlwollendes Kopfnicken aus. Denn wohl niemand kennt den Bürgerverein so gut wie er, schließlich war Giborzik 46 Jahre der Vorsitzende.
Dass der 78-Jährige nun nicht mehr kandidierte, reißt eine Lücke, aber Giborzik wäre nicht Giborzik, würde er seinem Nachfolger Georg Lantin nicht noch ein Jahr unter die Arme greifen. Mindestens.
BV Beisen: Gründungsjahr 1881
Beisen, einst ein Flurstück zwischen Schonnebeck und Katernberg auf Essener sowie Rotthausen und Feldmark auf Gelsenkirchener Seite. Der Name kommt von Binsen und Disteln, die im Sumpf der Emscherniederung wuchsen. 1881 wurde der Bürgerverein Beisen gegründet, ein Jahr später entfaltete sich rund um den dritten Förderturm der Zeche Zollverein viel neues Leben. Die Kohle hatte Hochkonjunktur, die Erben von Industriepionier Franz Haniel errichteten 1887 den ersten Tiefschacht auf Katernberger Gebiet.
Und viele aus dem „Königreich Beisen“, wie die ehemalige Zechenkolonie in Katernberg noch heute liebevoll genannt wird, fanden beim Bürgerverein Geselligkeit und vor allem ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte. Man kümmerte sich – und tut das bis heute. Auch das Verdienst von Giborzik, der 1967 in den Verein eintrat und schon nach vier Jahren den Vorsitzenden Günter Schmidt ablöste. „Man hatte uns zu verstehen gegeben, dass wir jungen Leute nicht immer nur meckern, sondern auch mal machen sollten.“
Beisenstraße, Herbartschule
Und Giborzik machte. Er, der 1939 auf der Beisenstraße geboren wurde und sich noch gut an die ausgehenden Kriegsjahre erinnern kann. „Als Kinder durften wir nie weit weg von zu Hause spielen, weil es oft Fliegeralarm gab.“ Dann hieß es, sich mit der Mutter und einer stets gepackten Tasche aufzumachen zum Bunker an der Grundstraße, der nicht weit weg auf einer aufgeschütteten Halde von Zollverein 3/7/10 stand. „Als dann aber die Amerikaner kamen und Zigaretten und Kaugummi verschenkten, da hatte der Spuk endlich ein Ende.“
Giborzik ging zur Herbartschule, der heutigen Peter-Ustinov-Schule, lernte bei „Elektro Beckhaus“ in Rüttenscheid, wo er sich vom Obermonteur bis zum Meister fortbildete und auch über 30 Jahre blieb. Eine kleine eigene Firma funktionierte danach nicht ganz so gut, aber als er mit 60 in Rente ging, hatte er noch mehr Zeit, sich um den Bürgerverein zu kümmern.
Dass es einige Treffen nicht mehr gibt, weil etwa das alte Holzhaus an der Grundstraße irgendwann abgerissen wurde, war lange schade. Längst jedoch ist die „Beisenschänke“ das Zuhause des Vereins, der mit 70 Mitgliedern personell immer noch recht gut aufgestellt ist. Auch dank Egon Giborzik, obwohl er in Frillendorf lebt so etwas wie „der König von Beisen“.
>>BÜRGERVEREIN BEISEN: DER NEUE VORSTAND
Neuer Vorsitzender ist Georg Lantin, der zuvor Stellvertreter war. Diesen Posten übernimmt für ein Jahr Egon Giborzik. Kassiererin Rosita Struthoff kandidierte nach 17 Jahren nicht mehr, Nachfolger ist Ullrich Nawrath. Schriftführer: Marc Zietan, Klaus Peter Scholz. Beisitzer: Arndt Gabriel, Jens Kölsch-Ricken, Wolfgang Podubrien, Jörg Struthoff. Die Versammlungen des Bürgervereins Beisen finden jeweils am ersten Samstag eines Monats in der „Beisenschänke“ an der Grundstraße/Beisenstraße statt. In den Wintermonaten von November bis März geht’s jeweils ab 17 Uhr los, ansonsten beginnen sie um 18 Uhr. Interessierte sind stets willkommen.