Essen-Altenessen. . Gnadenhof in Altenessen: Andrea Gerdiken engagiert sich seit Jahren beim deutschlandweit aktiven Verein „Rettet das Huhn“. Mitstreiter gesucht.
Millionen von Hühnern sind wahrlich arme Schweine. Die Legehybriden etwa, gezüchtet einzig und allein, um in gruseligen Legebatterien so viele Eier wie möglich zu produzieren – bei künstlichem Licht und im Akkord. Und haben sie mit anderthalb Jahren dann ausgemergelt ihre Schuldigkeit getan, werden sie gnadenlos aussortiert und zu Tierfutter oder Brühwürfeln verarbeitet.
Einige wenige dieser bemitleidenswerten Geschöpfe aber haben Glück, dass es Menschen gibt wie Andrea Gerdiken, die sich für den Verein „Rettet das Huhn“ engagiert und auf ihrem „Gnadenhof“ in Altenessen seit sechs Jahren so viele Tiere aufnimmt, wie sie denn kann.
Tiere werden mit viel Liebe aufgepäppelt
Eine Leidenschaft der 50-Jährigen ist der „Junge Chorus“ der Kirchengemeinden St. Johann und St. Ewaldi in Altenessen, eine andere sind die Tiere. Der Hund, die Fische und Kaninchen. In dem fast einem Anwesen gleichenden Garten an der Grünstraße ist schwer was los, die tierischen Hauptdarsteller indes sind zweifelsohne die Hühner. Und zwar nicht unbedingt die urigen japanischen Zwergseidenhühner, mit denen Tochter Saskia schon so manchen Titel holte. Sondern vielmehr die Schar der „Gefallenen“, die mit viel Liebe, ausreichend Platz, ausgewogenem Futter und Streicheleinheiten wieder aufgepäppelt werden und bei Andrea Gerdiken im besten Fall noch einige gute und vor allem artgerechte Jahre vor sich haben.
„Ich bin mit Hühnern aufgewachsen“, hatte die kleine Frau mit dem großen Herzen bereits eine besondere Beziehung zu diesen Tieren, als sie irgendwann von dem Verein „Rettet das Huhn“ hörte, der Hennen vermittelt, die für die Großindustrie unwirtschaftlich geworden sind, weil sie nicht mehr täglich ein Ei legen können.
„Ich bin wahrlich keine Aktivistin, die selbst noch Gummibärchen retten will“, sagt Gerdiken, „aber wenn zehn Eier nur 99 Cent kosten, kann man sich leicht ausrechnen, dass die unter katastrophalen Umständen produziert wurden.“ Der Zusatz „Bodenhaltung“ auf der Verpackung gaukle übrigens artgerechte Haltung vor, bedeute jedoch letztlich nichts anderes als eine nur leicht abgewandelte Form der hier verbotenen Käfighaltung. Auch die „Freilandhaltung“ sei meist unwürdig, insofern rät Gerdiken mindestens zu „Bio-Eiern“, obwohl auch die aufgrund der insgesamt enormen Nachfrage nie allein nur von glücklichen Hühnern stammen könnten. Auch in der Bio-Haltung werden laut des Vereins „Rettet das Huhn“ die meisten Tiere nach knapp 18 Monaten und vor der Mauser aussortiert.
Neue „Fuhre“ am 20. Mai
Derzeit sind es 18 „gefallene“ Legehybrid-Hennen, Tiere wie die fast divenhafte „Elli“, die es sich zusammen mit einem Hahn an der Grünstraße gemütlich machen, „auch wenn der Stadtfuchs oder der Hühnerhabicht immer wieder mal vorbeischauen“. Bald jedoch werden es noch einige mehr sein, denn am 20. Mai, da macht sich Andrea Gerdiken wieder einmal auf zur zentralen Vermittlungsstelle ins benachbarte Mülheim, wo erneut insgesamt gut 1600 Hennen an die Mitglieder des Vereins verteilt werden.
„Wer sich für Hühner interessiert, sollte grundsätzlich über diese Möglichkeit nachdenken“, rät die Frau, die ihren Tieren manchmal einen Nachmittags-Snack serviert („Heute gibt’s geschredderte Möhrchen an altem Brot . . .“).
Fleecejäckchen helfen gegen die Kälte
Und damit die vom Stress und allerlei Konkurrenzkämpfen anfangs mächtig zerzauselten Neuankömmlinge, die demnächst auch wieder in Altenessen landen, nicht frieren, bis sie sich akklimatisiert haben, bekommen auch sie diese zugegeben etwas lustig anmutenden Leibchen verpasst. Anfangs sind die Tiere oft fast nackt, die bunten Fleecejäckchen mit Klettverschluss, die Andrea Gerdiken selbst anfertigt, helfen aber einfach, bis sich auch das Gefieder wieder normalisiert hat. Damit es dann irgendwann wieder heißt: „Ich wollt’, ich wär’ ein Huhn, ich hätt’ nicht viel zu tun . . .“