Der "Enten Classic Day" zieht zahlreiche Besucher in den Hof der Dampf-Bierbrauerei.Rund dreihundert Modelle dokumentieren grenzenlose Vielfalt
Borbeck. Jedes Volk hatte seinen persönlichen Volkswagen: In der Bundesrepublik rollte der Käfer in Massen vom Band, das DDR-Pendant war der Trabant. In Frankreich rollte 1948 der erste Citroén 2 CV über die Straßen. Der Siegeszug der "Ente" begann. Mittlerweile ist die Liebe der Franzosen zu diesem Fahrzeug abgekühlt. Dafür ist der Kult um die Ente bei den deutschen Nachbarn umso größer. Der "Enten Classic Day" im Hof der Dampf-Bierbrauerei beweist das eindrucksvoll.
Pünktlich zur Eröffnung der achten Auflage des "Enten-Klassentreffens" reißt die Wolkendecke auf und beschert Besuchern und Ausstellern Vorsommerwetter. Organisator Uwe Wybiralla ist begeistert: "Der Andrang ist so groß wie noch nie. Schon jetzt haben dreihundert Fahrzeuge den Weg zur ,Dampfe' gefunden." Neben der klassischen Ente und ihren Schwestermodellen "Dyane" und "Ami 6" wurden weitere Citroén-Oldtimer zugelassen, darunter sogar einige Vorkriegsmodelle. Ein Gast ist mit seiner "EM-Ente" angereist, ein anderer mit einer "Gangsterlimousine". Auch James Bond scheint sein eigenes Modell mitgebracht zu haben: Aufgeklebte Einschusslöcher und das berühmte 007-Logo zieren die Motorhaube.
Viele Fahrzeuge sind kleine Kunstwerke. Doch für ihre Halter, die aus ganz Deutschland anreisen, sind sie alles andere als Ausstellungsstücke. "Jeder, der heute hier ist, fährt mit seiner Ente durch den Alltag", versichert Wybiralla. Er besitzt seit acht Jahren einen 2 CV. Was macht den Reiz einer Ente aus? Der Werbetechniker muss nicht lange überlegen: "Es ist ein Auto für Individualisten. Entenfahrer heben sich von der Masse ab, müssen nicht jeden technischen Trend mitmachen." Dabei passt sich die Innentemperatur in einer Ente mangels Klimaanlage und ausgeklügelter Heizungssysteme der Außentemperatur an - auch im Winter. "Dafür ist das bisschen Technik im Fahrzeug unglaublich zuverlässig", weiß Uwe Wybiralla.
Von der Unverwüstlichkeit seiner Ente ist auch Karl-Heinz Fontein, der sein "großes Spielzeugauto" vor dem Schrottplatz bewahrt hat, überzeugt. Allerdings merkt er mit einem Augenzwinkern an: "Wo nicht viel Technik ist, kann auch nicht viel kaputt gehen." Trotz Liebe zum Fahrzeug - heute ist er zur "Dampfe" gekommen, um einen Abnehmer für sein Schätzchen zu finden. Mangelnder Komfort und fehlende Sicherheitsvorkehrungen beschleunigten diese Entscheidung. "Über die Autobahn zur Arbeit muss ich hiermit nicht mehr fahren", findet seine Frau Gaby. Karl-Heinz Fontein kontert: "Die Ente ist halt kein Auto für Weicheier." Ob er am Ende wirklich ohne Ente nach Hause fährt? Schließlich hat er viel Geld in die Restaurierung investiert. Fontein zögert kurz - Wehmut kann er nicht verbergen - und antwortet: "Ja. Ein altes Auto muss regelmäßig gepflegt und gewartet werden, das möchte ich nicht mehr machen."
Knapp 4000 Euro müsste ein Interessent für sein Fahrzeug, Baujahr 1990, hinlegen. "Billiger kommt man kaum an ein kleines Cabriolet ran", ist sich der Entenfan sicher. Angesichts der Tatsache, dass einige Fahrzeuge an diesem Nachmittag für 18 000 Euro ihre Besitzer wechseln, ein guter Kurs. Doch eines müsste der neue Besitzer der Fontein-Ente beachten: Ohne Umrüstung dürfte er nicht durch die geplanten und vorhandenen Umweltzonen brausen. Für den Verkäufer ein Unding: "Motorräder dürfen fahren, Enten nicht. Dabei ist die Ente nichts anderes als ein Motorrad auf vier Rädern."