Karnap. . Julia Venjakob fährt ab sofort den Seniorenbus durch Karnap. Die ehrenamtliche Arbeit hat es der 27-jährigen Einzelhandels-Kauffrau sichtlich angetan. Sie engagiert sich auch in anderen Feldern.

Das erste Mal war, wie das erste Mal nun mal ist: „Aufregend“, sagt Julia Venjakob. Und sie kann sich ein kurzes Grinsen nicht verkneifen. Gestern, am Donnerstag, war ihr erstes Mal: Die junge Frau aus Karnap hat den Seniorenbus durch den Stadtteil gefahren. Kein Unfall. Nicht mal eine Delle am VW-Bus. Selbst die plötzlich so kleinen Parklücken waren für die Fahrerin des Acht-Personen-Gefährts kein Problem. „Mein Ehemann hat einen Peugeot Boxer. Der ist noch geräumiger“, erklärt sie ihren Hang zu großen Wagen.

„Junges Küken“ kommt gut an

Von dem „jungen Küken“ hinterm Steuer waren auch die Mitfahrer angetan. Wie Willi Kuhn, der einzige Mann in der Senioren-Gruppe. Oder Elfriede Reimer, mit 92 Jahren Alterspräsidentin der Runde.

Julia Venjakob ist 27 Jahre jung. Die älteren Bürger, die sie ab jetzt einmal im Monat zum Einkaufen fährt, könnten ihre Großeltern sein. „Wir haben 40 Senioren, die wir fahren. Ihr Durchschnittsalter: 85 Jahre“, sagt Guido Reil. Er ist Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Karnap, der das Projekt seit fünf Jahren mit der Awo betreibt. Der Bus fährt jeden Donnerstagmorgen durch den Stadtteil, sammelt die Senioren kostenlos ein, bringt die zum Supermarkt, zur Apotheke, zur Bank und holt sie wieder ab. „Butterfahrt durch Karnap“, wird die Tour schon mal scherzhaft genannt, die einen ernsten Hintergrund hat. Nachdem sich mehrere Einzelhändler aus dem Ort zurückgezogen hatten, drohten den Senioren weite Wege.

Die können sie nun mit dem Bus zurücklegen, der keine festen Haltepunkte anfährt, sondern auf Anruf vor der Haustür hält. Zehn Ehrenamtliche, jeweils als Duos formiert, übernehmen je eine Tour. Julia Venjakob teilt sich die Arbeit mimit Bei- und Mitfahrer Jupp Soberg. Der altersgerechte Service kann schon mal aufwändig sein: Die Einkäufe werden bis zur Haustür getragen – und in Regel erst in der Küche abgestellt. „Die Taschen werden voll gemacht. Und Wasserflaschen sind auch gerne dabei“, sagte Julia Venjakob nach dem ersten Fahr-Tag.

Sie ist nicht die erste Frau, die am Steuer des Busses sitzt. Aber die erste Fahrerin, die nicht mehr Sohn oder Tochter, sondern Enkel der Fahrgäste sein könnte. Die Arbeit im Ehrenamt hat es der Einzelhandels-Kauffrau, die bald auch bei der Tafel mitarbeitet, angetan. Das ist auch erblich bedingt. Ihre Mutter engagiert sich bei der Caritas – wie die Tochter inzwischen auch. Ihr Vater gehört zum Team des Seniorenbusses. Dort könnte es bald zum Familienduell kommen: Jona, Sohn von Julia Venjakob und Enkel ihres Vaters Detlef, fährt gerne mal beim Opa im Bus mit. Das ist jetzt auch bei der Mama möglich.