Essen-Altenessen. . Durch die Brille dokumentiert eine Ausstellung im „Allee Center“ die Toilettenhistorie. Vom Rock-Klo bis zum Film-Klo ist zum Glück alles abgezogen - und absolut sehenswert.

Keiner spricht gern darüber – weil sie manchmal echt anrüchig ist. Fast immer ist sie besetzt, wenn man sie selbst unausweichlich braucht. Geht jemand zu ihr, schließt er sich ab von der Welt. Verlässt man sie – dann füllt sie sich mit Wasser. Sie existiert als wackliger Balken oder in der beheizten Luxusversion. Was die Toilette sonst noch alles verbirgt und verspricht, das zeigt die Ausstellung „Besetzt“, deren Exponate gerade im „Allee Center“ in Altenessen zu sehen, aber nicht zu testen, sind. Von: „Die hätte ich gern zu Hause“ bis: „Die würde ich nicht benutzen“, reichen die Kommentare.

21 mobile Toilettenhäuschen stehen den Besuchern offen, geben Einsicht in ihr Eigenleben. Das ist keineswegs zum Abziehen, sondern schärft die Sinne des Betrachters für das Besondere rund um den Topf. Das Toilettenthema – präsentiert von der Emschergenossenschaft – ist nicht nur zum Hinsetzen. Diese Schau dreht sich bis zum 2. März rund um die Sanitärkultur und – bei der Emscher ganz klar – um den Weg des (Ab)-Wassers. Von der Rolle kommt dazu noch die Klo-Geschichte an den verschiedenen Häuschen. Jeder findet für sich im Stillen ein Örtchen: das Film-Klo, ein Kunst-Klo, das Rock-Klo, oder ein Sex-Klo. Auch an der Toiletten-Technik spart die Ausstellung nicht: Weich und hart sind auch die Klo-Papiere. Das Eintreten bei „Besetzt“ ist ausdrücklich erwünscht – nicht aber das Benutzen.

Ein historischer Abfluss

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Durch die (Klo-)Brille gesehen, tun sich entweder Abgründe oder die „Keramikabteilung“ auf. „Gekachelte Nebenräume“, „für kleine Jungs“, „für kleine Mädchen, Ablassstation“ – dies sind nur einige der zahlreichen Synonyme für jenen Ort, an dem jeder Mensch viel Zeit seines Lebens verbringt – nötig und unnötig. Doch darüber sinniert man nicht. Denn der häufig „kleinste Raum der Wohnung“ ist fast der privateste Ort.

Die Dringlichkeit, sich zu erleichtern, belastet die Menschen, seit sie speisen. „Aber erst im 19. Jahrhundert wurde in Europa der Ausbau eines Kanalisationsnetzes vorangetrieben. Es verbindet alle Häuser und Wohnungen und reicht vom Klo bis in die Kläranlage. In dieser Zeit gründete sich auch die Emschergenossenschaft, die seitdem auch den Abfluss und die Reinigung des Abwassers in der Emscherregion sicherstellt“, sagt Jochen Stemplewski, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft.

Jede Klo-Tür lüftet ein Geheimnis

Vergangenheit und Gegenwart zeigen, dass der Umgang mit der Toilette und allem, was dazu gehört, einen historischen Abfluss haben sowie kulturell und individuell geprägt sind. Viele Details spült die Ausstellung klar durch, lässt den Besucher nicht im Trüben fischen. „Besetzt“ ist dabei selbsterklärend. Das Innere der Plastik-Häuschen – wie sie jeder von Baustellen und Straßenfesten kennt – ist die Ausstellungsfläche. Das Öffnen jeder Tür lüftet ein Geheimnis.

Das Rock-Klo ist ein provokanter Ort, dies zeigt sich in dem berühmten Plakat des sich gerade in einer „Sitzung“ befindenden Frank Zappa – auch anderer Musiker haben solche Geschichten in ihren Texten zum Ausdruck gebracht.

Ein Literatur-Klo fehlt auch nicht, weil in der Literatur dezidierte Beschreibungen von Klo-Szenen festgeschrieben sind, z. B. bei Elfriede Jelinek, Vargas Llosa oder Henry Miller. Andererseits gibt es auf öffentlichen Toiletten mit Klosprüchen und Graffiti längst eine „Literatur-Gattung“ der ganz eigenen Art… Klo-Papier spielt dabei ebenfalls eine Rolle, wie der Film die Blattgeschichte abreißt.