Katernberg..


Es begann vor zehn Jahren mit einer turbulenten Mieterversammlung im „Stadtteilladen Katernberg“. Am 28. Mai 2002 hatten die Bewohner der Meerkamp-Siedlung ihrem Unmut Luft gemacht und sich vehement über den schlechten Zustand der Immobilien beschwert. Sie gründeten eine Mieterinitiative. Heute ist ihr Engagement nötiger denn je: Der Eigentümer der Siedlung, eine Wohnungsgesellschaft aus Luxemburg, steckt in finanziellen Schwierigkeiten.

Typischer Wohnungsbau der 1970er

Der Meerkamp in Katernberg. Eine typische Siedlung im Stil der frühen 1970er Jahre. Rund 400 Mietparteien sind hier vereint, in Häusern, die sich oft gleichen wie ein Ei dem anderen. Mit flachen Dächern und drei, manchmal vier Stockwerken hinter zumeist mausgrauen Fassaden. „Früher war das eine richtige Mustersiedlung“, erinnert sich Hildegard Achtermeier, Mieterin der ersten Stunde. Seit Ende 1969 wohnt sie hier, was für drei weitere Familien in ihrem Haus gilt. Da ist eine echte Hausgemeinschaft gewachsen. „Doch momentan schießt ein Neumieter quer“, klagt die Seniorin. Zuletzt gab es lautstarken Streit im Treppenhaus.

Doch es gibt viel größere Probleme, mit denen die Mieter zu kämpfen haben. Erst im vergangenen Jahr wurde die marode Heizungsanlage erneuert. Rund 600 000 Euro steckte der Eigentümer in die Modernisierung. „Nicht zuletzt auf ständigen Druck der Mieterinitiative“, sagt Igor Wenzel, der im Katernberger Bürgerzentrum „Kon-Takt“, Ressort „Soziale Dienste“, arbeitet. Bei Gründung der Initiative war er Gastgeber und hält seitdem enge Verbindung mit ihr. „Die neue Heizung war dringend nötig“, sagt Christa Knapp. „Oft haben wir in der Wohnung gefroren, weil Teile der Anlage komplett ausfielen.“ Bis heute fehlt eine Fassadendämmung. Oft kommt es zu Heizkosten-Nachzahlungen bis zu 700 Euro im Jahr.

Zumindest hat es die Mieterinitiative geschafft, immer wieder kleine Verbesserungen anzustoßen. Es gab eine Verkehrsberuhigung, Gehwege, Eingänge und Vordächer wurden renoviert. Bei drei Wohnblocks wurde das undichte Dach saniert. „Das alles haben wir durchgesetzt, auch in Zeiten, in denen nur wenig oder gar nicht in die Siedlung investiert wurde“, sagt Wenzel. Christa Knapp erinnert an einen Vorfall vor wenigen Jahren. „Da wurde begonnen, die Balkone zu sanieren. „Doch dann kam ein neuer Verwalter – und seitdem ruht der Bau“, sagt sie. „Die Arbeiter haben damals praktisch mittendrin die Kelle fallen lassen. Unglaublich.“

Leider kein Einzelfall: Inklusive der „Viterra“, die die Siedlung 2004 verkaufte, zählte man fünf Eigentümer und sechs verschiedene Verwaltungen (siehe unten). „Das hat die Arbeit der Mieterinitiative nicht gerade erleichtert“, sagt Wenzel. Bevor sich die Verwalter als direkter Kontakt der Mieterschaft mit dem Gegebenheiten vor Ort richtig vertraut gemacht hatten, waren sie auch schon wieder weg.

Guter Kontakt zum Verwalter

Erst seit die „Immeo Wohnen“ im Boot sitzt, wurde der Kontakt zur Wohnungsverwaltung wieder besser. „Bei der Immeo haben wir zwei feste Ansprechpartner“, lobt Wenzel. Im März dieses Jahres wurde sogar ein Mieterbüro vor Ort eröffnet. „Einmal in der Woche können sich Mieter dort persönlich an die Verwaltung wenden“, freut sich Charlotte Beißel, die seit einem halben Jahr am Meerkamp wohnt. Auch ein Verdienst der Initiative, die nicht nur in der Siedlung, sondern auch im Stadtteil präsent ist. Einmal im Monat moderiert Wenzel ein Mietertreffen im „Kon-Takt“. „Da kommen regelmäßig bis zu 20 Bewohner zusammen. Erfreulicherweise auch immer mehr mit Migrationshintergrund“, wie Wenzel sagt. Die Sitzungen werden von „Immeo“ begleitet oder sie fordert Protokolle an.

Doch schon steht das nächste Problem ins Haus. Der aktuelle Eigentümer, die „BGP Immo-West S.a.r.l.“, hat im April dieses Jahres selbst einen Insolvenzantrag gestellt. Das anhängende Verfahren wurde am 28. Juni eröffnet. Als Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Stephan Ammann von der Münchener Kanzlei „Pluta GmbH“ eingesetzt. „Mittelfristig wird ein Käufer für das Eigentum der Immo-West gesucht“, bestätigt ein „Pluta“-Sprecher. „Die Mieter wussten von dieser neuen Entwicklung erneut nichts“, sagt Wenzel. Auch von Seiten der „Immeo“ schwieg man sich über dieses heikle Thema aus.

Doch es gibt auch gute Nachrichten: „Die Immeo Wohnen wird Verwalter bleiben. Die machen da einen guten Job“, so der „Pluta“-Sprecher. Weitere Investitionen für Sanierungen sind bereits beschlossen. Allerdings nicht sofort: „Wegen des Insolvenzverfahrens haben wir momentan andere Sachen zu tun“, heißt es von der „Pluta“.

Ein Kommen und Gehen

Die Meerkamp-Siedlung hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Besonders in den vergangenen acht Jahren gaben sich Eigentümer und Verwalter förmlich die Klinke in die Hand, nachdem die „Viterra“ die Siedlung im Jahr 2004 an die Essener „Ruhrboden Liegenschaften GmbH“ verkaufte, die damals auch die Verwaltung übernahm. Dieser folgte im Februar 2006 die „Vivacon“, die die „Curanis“ als Verwalter etablierte.

Später, ab dem 1. Januar 2007, übernahm die börsennotierte, aus-tralische Investmentgesellschaft „Babcock & Brown“ (B&B) die Immobilien. Als Verwalter fungierte ab sofort die „Krüger Immobilien GmbH“. Infolge der Finanzkrise geriet der „Global player“ aus „Down under“ im Jahr 2009 jedoch in finanzielle Schieflage und Insolvenz. Im gleichen Atemzug ging auch „Krüger“ pleite. Rechtsnachfolger von B&B wurde im Juli 2009 die „BGP Investment S.a.r.l.“ aus Luxemburg.

Die Meerkamp-Siedlung wechselte zu diesem Zeitpunkt in den Besitz einer Tochterfirma, der „BGP Immo-West S.a.r.l. & Co. KG“, eine von rund 30 Wohnungsgesellschaften unter dem Dach der BGP.

Die Mieterschaft indes tappte im Dunkeln: „Es kursierte zwar das Gerücht, B&B sei insolvent, doch Genaues erfuhr man nicht“, sagt Igor Wenzel. Interessant: Obwohl „Babcock und Brown“ bereits 2009 nicht mehr existierte, gingen die Mieten noch bis Juni 2011 auf ein Konto der B&B ein. Erst als die „Immeo Wohnen“ aus Oberhausen im Juli 2011 die Verwaltung übernahm, änderte sich dies.


Mit Übernahme durch die „Immo-West S.a.r.l.“ übernahm anfangs die „Treubau GmbH“ die Verwaltung, die zwei Jahre später, ab dem 1. Juli 2011, von der „Immeo Wohnen“ beerbt wurde. Im April 2012 stellte die „BGP Immo-West S.a.r.l.“ selbst Antrag auf Insolvenz. Die „Immeo Wohnen“ wird jedoch Verwalter der Siedlung bleiben.