Bedingrade/Schönebeck. .
Deichmann will wachsen: Mit zwei neuen Bürogebäuden wird die Zentrale des Schuhkonzerns das Gesicht des Areals zwischen der Aktienstraße und dem Westerbergweg verändern: So soll der Edeka-Markt und mindestens ein Wohnhaus weichen. In der Nachbarschaft lösen diese Pläne ein geteiltes Echo aus, wie die Bürgerinformationsveranstaltung am Montagabend in der Gaststätte „Im Wulve“ zeigte.
Sind gewerbliche Bauten nahe eines Wohngebiets geplant, dann plagen die Anwohner oftmals Sorgen um die Parkplätze. So auch in diesem Fall: Viele befürchten, ihren Wagen künftig tagsüber nicht mehr vor der Haustür abstellen zu können. Schon jetzt würden viele Deichmann-Mitarbeiter und Anlieferer die öffentlichen Stellplätze nutzen anstatt auf Firmenparkplätze auszuweiten.
Und dieses Problem könnte tatsächlich größer werden. Der geplante Anbau soll schließlich die bisherigen 500 Arbeitsplätze um ein Drittel aufstocken. Ein Bürogebäude soll dort entstehen, wo jetzt noch der Edeka-Markt Hundrieser Lebensmittel verkauft. Ein weiterer Komplex soll entlang des Westerbergwegs gebaut werden.
Wolfgang Wislsberger, Managing Director der Deichmann-Gruppe, versucht Entwarnung zu geben: Die jetzigen 260 Firmenparkplätze, die viele Mitarbeiter „offenbar aus Bequemlichkeit“ nicht nutzen, sollen auf „rund 486“ aufgestockt werden – der Großteil davon unterirdisch und nahe an den Eingängen angelegt. „Wir werden den Mitarbeitern weiter nahe legen, die Firmenparkplätze zu nutzen“, verspricht er. „Doch zwingen können wir niemanden.“
Weiterer Knackpunkt ist der Edeka-Markt an der Aktienstraße 14, der dem neuen Komplex Platz machen soll. Bis Mitte 2013 läuft laut Wislsberger noch der Pachtvertrag für den Lebensmittelhändler. Ob und wann der Laden den Platz dann jedoch freiwillig hergibt, ist bislang unklar. Immerhin: „Meines Wissens hat der Marktbetreiber schon seit langem Interesse, sich zu vergrößern“, weiß CDU-Ratsherr Klaus Diekmann, der die Info-Veranstaltung moderiert hat. So wolle Edeka offenbar knapp 300 Meter weiter ins Gewerbegebiet an der Lautstraße ziehen, wo sich momentan unter anderem Burger King und Aldi befinden. „Doch eine Einigung mit dem Besitzer des Komplexes hat sich bislang als schwierig erwiesen“, dämpft Diekmann die Erwartungen auf eine schnelle Lösung.
Einen zusätzlichen Strich durch die Rechnung macht eventuell der Masterplan Essen: Der erlaubt Lebensmitteleinzelhandel nur noch in Mittelzentren, nicht in Gewerbegebieten. Jedoch existiere für das betreffende Gebiet an der Aktienstraße bislang eine Ausnahmegenehmigung, so Steffen Lenze vom Stadtplanungsamt. Somit sei es nicht unwahrscheinlich, dass diese Bestand habe. „Momentan lassen wir ein Gutachten darüber erstellen, ob ein Supermarkt der angepeilten Größenordnung an dem neuen Standort sinnvoll ist“, verrät er. Spätestens nächsten Monat soll das Ergebnis vorliegen.
„Die Nahversorgung muss sichergestellt bleiben“, warnt derweil Peter Reinirkens, Vorsitzender des Bürger- und Verkehrsvereins Schönebeck. Ansonsten sieht er, wie viele andere auch, die Pläne durchaus in einem positiven Licht: Bringen sie doch neue Arbeitsplätze und halten einen Konzern auf Weltniveau im Bezirk. Nicht zuletzt deshalb hat sich wohl auch die Bezirksvertretung in ihrer Novembersitzung geschlossen für die Planungen ausgesprochen.
Bleibt die Frage nach dem Zeitplan – eine Frage, die nicht zuletzt die Bewohner des Westerbergwegs 9 interessiert – denn ihr Haus wird weichen müssen für den zweiten Neubau, der die bisherigen Komplexe miteinander verbinden soll. Doch laut Wislsbergerkann wohl frühestens in zwei bis drei Jahren mit der Umsetzung der Pläne begonnen werden. „Wenn Edeka nicht rückt, dann wird es sogar frühestens 2018 so weit sein.“ Bis dahin soll auf jeden Fall eine neue Wohnmöglichkeit gefunden werden. Chancen auf Einspruch haben die Bewohner ohnehin nicht: Eigentümer der Immobilie ist Deichmann.
Bislang hat Deichmann für die Erweiterungspläne eine Bauvoranfrage bei der Stadt gestellt. Zwar sei für das Gebiet der Westerbergweg eigentlich kein Gewerbe vorgesehen, so Steffen Lenze vom Stadtplanungsamt. Neben dem Wohnhaus müssten nämlich auch einige Bäume auf dem als Grünfläche angelegten Areal weichen. Da Deichmann dafür jedoch Ersatz schaffen wolle, hat die Stadt bereits in Aussicht gestellt, die Anfrage positiv zu beantworten.