Nordviertel. .

Es ist das letzte Schuljahr der Tiegelschule am angestammten Platz: Über 100 Jahre Schul-Tradition im Nordviertel enden mit dem Umzug an die Beisingstraße. Die Tiegelschule ist in diesen Tagen eine Schule zwischen Abschied und Ankommen.

„Die Situation lässt sich nicht mit normalem Maßstab messen“, bestätigt Schulleiter Rainer Klatt. „Natürlich läuft das Tagesgeschäft, doch die Rahmenbedingungen haben sich verändert.“ Der Umzug vollzieht sich in der letzten Woche der Sommerferien. In einer schon traditionell stressbehafteten Phase. „Normalerweise werden zu diesem Zeitpunkt die neuen Schulbücher auf die Klassen verteilt, Dienstpläne erstellt und mögliche Neuankömmlinge begrüßt“, sagt Klatt. Letzteres kann er sich diesmal sparen. „Die Tiegelschule wird ab dem 1. August jahrgangsweise abgebaut“, erklärt Schulentwicklungsplanerin Annette Görgens-Pfeiffer. „Deshalb wurde dort auf neue Anmeldetermine verzichtet.“

Nahezu alle 120 Tiegelschüler siedeln zur Beisingstraße über. Die anfangs befürchtete „Abmelde-Welle“ blieb aus, betont Klatt. „Nur eine Handvoll Schüler hat uns definitiv verlassen. Zwar seien bis Ende des Schuljahres noch Abmeldungen möglich, „doch ich denke, es ziehen nun alle mit. Die Stimmung ist positiv.“ Dazu sei jedoch viel Überzeugungsarbeit nötig gewesen. „Die Eltern haben damals aus der Enttäuschung heraus reagiert“, sagt Klatt. „Doch als wir in Aussicht stellten, dass Lehrer und Schüler auch künftig zusammen bleiben, beruhigte sich die Lage schnell.“

Offene Personalfragen

Doch längst nicht alle Personalien sind in trockenen Tüchern. Beispielsweise ist die Zukunft der städtischen Angestellten – Hausmeister, Sekretärin und drei Erzieherinnen – noch nicht geklärt. Gleiches gilt für eine Klassenlehrerin, deren Zeitvertrag Ende März ausläuft. „Wir werden das noch genau prüfen“, verspricht Annette Görgens-Pfeiffer. Dennoch: Die Situation ist nicht einfach: „Die Betroffenen fragen mich häufig, ob und wie es weitergeht“, sagt Klatt. „Doch dies ist ja verständlich.“

Sicher ist jedoch eines: Klatts Schützlinge werden künftig an der Beisingstraße unterrichtet. Die Klassen 2 bis 4 ziehen in die ehemalige Hauptschule ein, dem künftigen Hauptstandort der Schule. „Möglicherweise betreuen wir dort auch die Erstklässler“, erklärt der Schullleiter. Die rund 100 Schüler der Nordviertelschule bleiben vorerst in ihren angestammten Räumen, rund 200 Meter von den Tiegelschülern entfernt. Im Laufe der Zeit rücken sie zur Beisingstraße nach. Bis dahin bleibt die Nordviertelschule eine Dependance.

Vorerst geklärt ist auch die Verantwortung an beiden Standorten. Rainer Klatt führt die Sektion Beisingstraße, Schulleiterin Irmgard Burs weiterhin die der Nordviertelschule. „Wir haben bereits ein Treffen mit allen Lehrern anberaumt“, sagt Klatt. „Schließlich wollen wir ja gut zusammenarbeiten.“ Auch einen Blick in das neue Domizil durfte das Lehrerkollegium bereits werfen: „Das macht alles einen guten Eindruck“, lobt Rainer Klatt. „Jetzt haben wir sogar eine Aula.“

Fachräume umbauen

Die Fachräume für Chemie, Physik und der Computerraum, für deren Ausstattung die Grundschule keine Verwendung hat, müssen im Laufe der Zeit erst noch umgebaut werden. „Das können wir natürlich immer nur dann machen, wenn es die Schüler beim Unterricht nicht stört“, sagt Annette Görgens-Pfeiffer.

Die Zukunft der alten Tiegelschule ist noch ungewiss. Sicher ist nur eines: „Die Immobilienwirtschaft wird das Gebäude sicherlich nicht an einen Verein übertragen, um danach noch die Kosten zu übernehmen“, so Annette Görgens-Pfeiffer weiter.

Schulleiter Klatt blickt nicht zurück, sondern nach vorn. „Jeder Abschied ist auch immer ein Neuanfang. Und alles Neue ist auch spannend.“