Borbeck. .
„Die Galerie der starken Frauen“ heißt ein Buch, das in Schloss Borbeck aufbewahrt ist.
Der Autor, der Jesuit Pierre le Moyne, beschreibt berühmte Frauen und ihre Tugenden. Das Buch war einst im Besitz „starker Frauen“: Die Fürstäbtissinnen des Stifts Essen verwalteten geistliche Macht, herrschten über ein Territorium, hatten im Reich politischen Einfluss. Dass es solche Frauen gab, spricht nicht gegen den herrschenden Patriarchalismus, zeigt aber, wie sich Frauen vereinzelt an höchster Stelle zu behaupten wussten.
Zum Beispiel die letzte Essener Fürstäbtissin, Maria Kunigunda: Sie trat als Unternehmerin hervor, gilt als Pionierin der Eisenerzverhüttung im Ruhrgebiet. Ihre Schwägerin, eine bayerische Prinzessin mit dem wohlklingenden Namen Maria Antonia Walpurgis Symphorosa wirkte nicht nur als zeitweilige Regentin des Kurfürstentums Sachsen, sondern betätigte sich als Dichterin, Malerin und Komponistin.
Strenge Form, erstaunliche Substanz
Um solche Frauen ging es am Wochenende bei einer Tagung der Katholischen Akademie des Bistums, „Die Wolfsburg“. Wie kreativ diese Frauen sein konnten, war sinnlich zu erleben: In einem Konzert in der Reihe „Alte Musik im Schloss Borbeck“ erklangen Teile der Oper „Talestri“, geschrieben von Maria Antonia von Bayern. Folkwang-Professor Christian Rieger hatte Arien aus der 1763 uraufgeführten Oper für zwei Cembali bearbeitet; Studierende der Hochschule wirkten als Instrumentalisten und Sänger mit.
Die hochadlige Komponistin zeigt sich auf der Höhe ihrer Zeit: Formal streng bis zum Schematischen, füllt sie das starre Korsett von Rezitativ und dreiteiliger Arie mit erstaunlicher melodischer Substanz. Und obwohl die als reich gelobte Instrumentation nicht zu hören war, kam keine Langeweile auf. Migene Giata, Inga Schäfer und Nadja Wuchinger sangen mit Anteilnahme; Gesa Mertens gestaltete als Talestri eine bewegende „Schatten“-Szene.
Die Oper harrt noch einer szenischen Aufführung. Sie könnte sich lohnen, da der ungewöhnlich verarbeitete Stoff – Amazonenkönigin liebt gegen das Gesetz einen Mann, setzt sich damit durch und behält ihre Herrschaft – für eine einfallsreiche Regie geeignet wäre.
Schlanker Bach
Einen Tag zuvor war mit der Akademie für Alte Musik Berlin ein führendes Ensemble der „historisch informierten Aufführungspraxis“ zu Gast. Bei schlankem Ton und raschen Tempi klang Bachs 5. Brandenburgisches Konzert nicht nach betulicher Kaffeekränzchen-Musik, konnte sich in Telemanns „Völker-Ouvertüre“ der Reiz der charakterisierenden Farben entfalten und bewies die „La Folia“-Sonate wieder einmal, welch hohen Rang Arcangelo Corelli beanspruchen kann. Dass schnelle Sätze aber stets an der Grenze der Artikulationsfähigkeit entlanghetzen müssen, ist durch keine historische Erkenntnis vorgeschrieben.