Essen.

Lange hing das Soziokulturelle Zentrum Zeche Carl am Tropf. Kulturelle Vielfalt und Identifikation soll der Zeche wieder zu neuer Strahlkraft verhelfen. Wir sprachen mit Kornelia Vossebein, Geschäftsführerin seit 2009, über ihre erste Bilanz, Ideen und die Zukunft.

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Von DerWesten

„Carl lebt.“ Eine Bestandaufnahme, die noch vor eineinhalb Jahren kaum jemand zu hoffen wagte. Gerade in die Insolvenz gegangen, stand das soziokulturelle Zentrum Zeche Carl Ende 2008 vor einem Trümmerhaufen: Überschuldet und, aus Sicht der Stadt, ohne schlüssiges Konzept, um wieder in sicheres Fahrwasser zu kommen.

Doch heute, einen Wechsel des Gastronomie-Betreibers, eine Übergangsfrist mit notdürftiger Bespielung und die Neugründung einer GmbH mit komplettem Austausch des Führungsteams später, scheint die Zeche Carl wieder auf Kurs. Ein Kurs, der vor allem ein Ziel hat: Eine Pleite darf es nie wieder geben.

Die eingangs erwähnte Bestandsaufnahme stammt von Kornelia Vossebein. Seit August 2009 steht die Geschäftsführerin an der Wilhelm-Nieswandt-Allee am Ruder. Markus Fuhrmeister sprach mit der gebürtigen Bielefelderin über eine erste Bilanz, ihre Ideen und die Zukunft des soziokulturellen Zentrums.

Vor rund neun Monaten haben Sie ihren Job in der Zeche Carl angetreten. Sind Sie schon richtig auf Carl angekommen?

Das ging schnell. Ich weiß nicht genau woran es liegt, aber Carl hat mich von Anfang an gepackt. Wahrscheinlich ist es diese einzigartige Atmosphäre, die schon das Gebäude-Ensemble ausstrahlt. Außerdem ist Carl ein Inbegriff für den Struktur-Wandel.

Im Zuge der Insolvenz ging es auf Carl nicht nur sachlich ab. Hatte das Auswirkungen auf ihren Start, wurden oder werden Ihnen vielleicht immer noch Steine in den Weg gelegt?

Eigentlich nicht. Es gab natürlich Kontakte zur früheren Geschäftsführung, aber das neue Team und auch ich waren in die Vorkommnisse rund um die Insolvenz nicht involviert. Für uns war es ein Neubeginn, aber ohne die Wurzeln zu kappen.

Ein Neubeginn in einem Zentrum, das viele mit Tradition verbinden, sei es bezogen auf die Anbindung an den Essener Norden oder auch auf die programmatische Ausrichtung.

Neubeginn heißt auch nicht, dass wir jetzt alles umkrempeln. Inhaltlich war vieles gut. Vor allem die Identifikation des Essener Nordens mit Carl als soziokulturelles Bürgerzentrum ist uns sehr wichtig. Zum einen soll Carl bei den Menschen im Stadtteil verankert, andererseits aber auch ein Veranstaltungsort mit großer Strahlkraft sein.

Die Zeche Carl galt lange auch als Zentrum für Punk- oder Metal-Konzerte. Über Sie wird gesagt, eher eine Freundin der leiseren Jazz-Töne zu sein. Passt das zusammen?

Unbedingt. Wir wollen keine Zuspitzungen, sondern kulturelle Vielfalt mit einem breiten Spektrum. Wir sind für alles und für jeden offen. Das soll sich auch im Programm ausdrücken. Und außerdem: mein erstes Konzert mit 16 Jahren war Deep Purple, die bekanntlich keine leisen Töne produzieren.

Wie sehr sind Ihnen dafür finanziell die Hände gebunden? Kann die Zeche Carl in Zukunft zum Beispiel wieder mit großen Namen aufwarten?

Das ist unser Ziel. Die oberste Prämisse lautet aber: Nie mehr rote Zahlen. Wir dürfen uns allerdings auch an Highlight-Veranstaltungen trauen, wenn die Kalkulation stimmt.

In welchem finanziellen Rahmen?

Der städtische Zuschuss von rund 500 000 Euro für Personal- und Betriebskosten steht weiterhin. Hinzu kommen Pacht und Umsatzbeteiligung von der Gastronomie sowie Eintrittsgelder. Wir müssen schon genau kalkulieren.

Kann man diesen vertretbaren Risiken einen Namen geben? Bands oder Künstler welcher Größenordnung können wir auf Carl erwarten?

Im Augenblick verhandeln wir intensiv mit vielen Agenturen, die langsam wieder Vertrauen zu Carl als Veranstaltungsort aufbauen. Konkrete Namen kann ich da noch nicht nennen. Die Konzerte und Partys haben aber alle gut Tritt gefasst. Einige Konzerte waren schon ausverkauft, die gut laufenden Partys werden wieder extrem gut frequentiert. Und am 20. Juni startet wieder die Kabarett-Reihe ,Comedy-Carl’.