Schüler können nicht begreifen, dass ihre Hauptschule schließt und demonstrieren. Mit einem Federstrich bricht am Karnaper Markt ein wichtiger Treffpunkt weg
Karnap. Der Beschluss zur Schließung der Hauptschule Karnap blieb nicht ohne Reaktion. Etwa 150 Demonstranten hatten sich Anfang letzter Woche vor dem Schulgebäude eingefunden, um zu protestieren. Ehemalige Schüler waren dabei und sogar alteingesessene Karnaper zeigten sich solidarisch.
Erst waren die Schüler wütend, doch die Wut hat sich schnell in Trauer gewandelt. Ihre Schulform ist ein Auslaufmodell und ihre ständigen Bemühungen, Lernen und Leben am Karnaper Markt zu verbessern erhalten jetzt einen gewaltsamen Schlussstrich.
"In dieser Schule steckt eine Menge Geld und Arbeit. Die Jungen und Mädchen aller Klassen haben in den letzten drei Jahren so viel verbessert und erneuert. Der Lohn für ihre Leistungen ist die Schließung", sagt Andreas Zöller, ehemaliger Schulpflegschafts-Vorsitzender und Leiter der Projektgruppe "Teens for Teens". Die engagierten Schüler haben einen alten Fahrradkeller zum Bandraum umgebaut und einen Clubraum für die Pausen und den Nachmittag ausgestattet. Sie haben sich für den neuen Teerbelag des Schulhofes eingesetzt, neue Tischtennisplatten organisiert und die alten Basketballkörbe endlich an die richtige Stelle gebracht. "Diese Schüler haben einfach viel bewegt", meint auch Kinderbezirksbeauftragter Guido Reil.
Sie haben Geld und Sachspenden gesammelt, in ihrer Freizeit aufgeräumt und neu eingerichtet. Es waren ihre eigenen Ideen, die sie umgesetzt haben. Jetzt fragen sich die Jungen und Mädchen, wofür sie all diesen Aufwand betrieben haben, denn eine neue fünfte Klasse wird es nicht geben. "Das ist einfach nicht fair", regt sich Marie-Chantal (14) auf. Sie geht in die siebte Klasse, nutzt den Schülerclub und die neu ausgestattete Küche. "Unsere Schule hat so ein tolles Angebot, dass Freunde von mir richtig neidisch sind. Unfassbar, dass man dann die Schule schließt."
Für viele Schüler war das Gebäude am Karnaper Markt zu einem zweiten Zuhause geworden. Vor rund drei Jahren hatten sich engagierte Jungen und Mädchen in der Gruppe "Teens for Teens" zusammengeschlossen, um ihre Schule schöner zu gestalten. Geld von der Stadt gab es nicht für ihre engagierten Ideen. Doch die Schüler ließen sich nicht entmutigen, sind durch ihren Stadtteil gegangen und haben um Unterstützung gebeten. Die Liste der Sponsoren ist lang.
"Wir haben in unserer Schule unglaublich viele Möglichkeiten", sagt Daniel (14). "Es gibt Fußballtraining, ein Internet-Café und eine Schulband. Jeder kann machen, was zu ihm passt." Die zwölf Mitglieder der Schülergruppe "Teens for Teens" haben derzeit allen Schwung verloren. Die Toiletten auf dem Schulhof wollten sie erneuern. Farbe für den Neuanstrich einiger Wände hatten sie schon organisiert.
"Diese Spenden werden sie wohl wieder zurückgeben, solche Verschönerungen lohnen jetzt nicht mehr", sagt Andreas Zöller. Die Schule befindet sich im Auflösungsprozess und die Lehrer schauen sich schon nach neuen Arbeitsplätzen um. Eine bessere Schule für die kommenden Generationen wollten die Jungen und Mädchen schaffen. In Wirklichkeit haben sie der Schließung nur einen neuen Anstrich verpasst.