Essen-Schönebeck. . Ob hier ein Gewerbegebiet oder zuvor eine Flüchtlingsunterkunft entsteht, wird noch geprüft. Doch viele Menschen trauern der Fläche nach.

„Zum Königreich“ prangt auf einem Schild an Werner Trummers Hütte. Im hintersten Winkel der Heißener Straße in Schönebeck, im Niemandsland zwischen den Bahngleisen, hat sich der Einsiedler (63) in den letzten drei Jahrzehnten sein eigenes Reich geschaffen. Das jetzt von außen bedroht ist. Denn Grundeigentümer Jochen Hoffmeister hat ihm und allen anderen Nutzern der drei Hektar großen Fläche schon im Frühjahr die Kündigung geschickt. Schließlich suchen besonders Handwerker, ob in Mülheim oder Essen, dringend Flächen für ihre Büros und Hallen, und hier könnten sie ungestört wirtschaften.

Oder Flüchtlinge finden hier vorübergehend eine Bleibe. Darauf setzen jedenfalls die Schönebecker, die das nur 2400 Meter entfernte Landschaftsschutzgebiet Im Fatloh – und damit das Hexbachtal – unangetastet erhalten möchten.

Ob das klappt, ist ungewiss. Die Stadt hat vor der Sommerpause den Bebauungsplan „Gewerbegebiet Heißener Straße“ auf den Weg gebracht, und zwar mit der Maßgabe zu prüfen, ob die Fläche „zunächst einmal als Standort“ für eine Flüchtlingsunterkunft geeignet ist. Jochen Hoffmeister hat bereits frühzeitig ein Lärmschutzgutachten durch den TÜV Nord erstellen lassen, „als von Flüchtlingen noch nicht die Rede war“. Nach seinen Angaben sei der Krach durch die oben auf dem Damm vorbei rauschenden Züge „kein k.o.-Kriterium“ für Gewerbeansiedlung.

Jasmin Nagelewski ist traurig, dass die Hundeauffangstation das Gelände verlassen muss und aufgelöst wird. Furi und andere Hunde werden privat untergebracht.
Jasmin Nagelewski ist traurig, dass die Hundeauffangstation das Gelände verlassen muss und aufgelöst wird. Furi und andere Hunde werden privat untergebracht. © FUNKE Foto Services

Ebenso wenig sei die Hochspannungsleitung, die das Gelände überquert, ein Hindernis, und eine Abwasserleitung mit einem 800er Durchmesser gebe es auch.

Entscheidend ist jetzt das Bodengutachten eines Kettwiger Sachverständigen. Dieses Ergebnis soll in wenigen Tagen vorliegen. Jochen Hoffmeister hat Gründe zu glauben, dass die „Laborwerte nicht verdächtig“ sind: „Aber es gibt noch kein grünes Licht.“

Auf dieses grüne Licht hofft Klaus Diekmann, CDU-Ratsherr aus Schönebeck. Er wird nicht müde zu betonen, dass er nur dann für die Bebauung am Fatloh stimmt, wenn Flüchtlinge nicht an der Heißener Straße untergebracht werden können. Doch weder der Lärm der Züge– „der ist für die Flüchtlinge an der Bahnlinie in Kettwig noch lauter“ – noch die Stromtrasse – „die gibt es an 30 anderen Stellen in der Stadt auch“ – sollten an dieser Stelle die Unterbringung von Flüchtlingen verhindern.

Das „Königreich“ steht vor der Auflösung.
Das „Königreich“ steht vor der Auflösung. © FUNKE Foto Services

Worüber wiederum Jasmin Nagelewski nur den Kopf schütteln kann. Sie arbeitet von Beginn an in der Hundeauffangstation (Hast) mit und kennt die Gegebenheiten auf der Fläche. „Hier kann man doch niemanden wohnen lassen“, findet sie. Knapp zwei Wochen hat die „Hast“ nun noch Zeit, ihre Zwinger zu räumen und die verbliebenen elf Hunde privat unterzubringen. „Wenn das erste Gerät zur Räumung kommt, sind sie weg“, kündigt Jochen Hoffmeister an.

Und Werner Trummer, der Eremit, der so gerne ohne zu stören leben möchte und auch mal nachts um 2 Uhr alte Rockplatten auflegt? Ihm hat der Mülheimer Grundeigentümer eine Gartenparzelle wenige Meter weiter angeboten. „Da lebe ich doch wie auf dem Präsentierteller. Mit der Situation komme ich nicht klar.“ Doch leider existieren auch Königreiche nicht ewig.