Das ganze Haus duftet weihnachtlich. Und die ankommenden Gäste vergessen für einen Augenblick, dass sie das Hospiz in Steele betreten. Zufriedene und fröhliche Gesichter

Essener Norden/Steele. Das ganze Haus duftet weihnachtlich. In der Küche liegen warme Apfelküchlein, auf den frischen Waffeln häufen sich heiße Kirschen und Berge von Schlagsahne. Festlich haben fleißige Hände heute alles dekoriert: Lämpchen, Kerzenlicht und Lichterketten tauchen das Gebäude in ein warmes Licht. Während es draußen dämmert, treffen die ersten Gäste ein und staunen über die Weihnachtsdekoration aus Tannengrün und Lebkuchenhäuschen. Die Atmosphäre des liebevollen Willkommens lässt sie für einen Augenblick vergessen, dass sie das Hospiz in Steele betreten. Viele der Bewohner werden dieses Jahr ihr letztes Weihnachtsfest erleben.

"Der Tod gehört zum Leben dazu. Das müssen wir begreifen und ihn daher in das Leben einbeziehen. Wir möchten den Menschen ermöglichen, dass sie bis zuletzt in Würde leben können", sagt Helga Reulecke (66). Seit zehn Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich in der Hospizarbeit. Den Kranken werde durch ambulante Betreuung - so lange es geht - ermöglicht, zuhause zu leben. Werde aus einer ambulanten Betreuung jedoch eine stationäre, dann sei es wichtig, dass die Menschen sich wie daheim fühlen können. Zwischen den Tischen und Stühlen wuselt Hospiz-Hund Philine herum und versucht, herabfallende Kuchenkrümel aufzuschlecken. Zwei- bis dreimal in der Woche bringt Seelsorgerin Edith Burghardt den jungen Jack-Russell-Terrier ins Hospiz. Seit der Gründung vor zwölf Jahren gehört Edith Burggraf zum Team der Ehrenamtlichen. Inzwischen sei sie "jenseits der 70". Doch ihre Tätigkeit im Hospiz gebe ihr im Alltag Lebendigkeit, Kraft, Halt und Stärke: "Jedem, der sich für das Hospiz interessiert, kann ich die ehrenamtliche Arbeit hier empfehlen", sagt Burggraf und weist darauf hin: "Wir brauchen ständig ehrenamtliche Verstärkung."

Inzwischen ist Terrier Philine auf ihrer Suche nach Süßem bei Hartmut Cortain angekommen. Früher hatte er selbst einen Hund. Doch vor einem Jahr diagnostizierten die Ärzte bei ihm einen Gehirntumor im fortgeschrittenen Stadium. Nicht operabel, sagten sie. Das Risiko sei zu groß, der Tumor zu tief. "Für mich brach eine Welt zusammen. Davon erholt man sich nicht mehr. Es bleibt nur die Hoffnung, dass sich die Krankheit doch noch stoppen lässt." Es folgten Chemotherapie, Bestrahlung, starke Medikamente. Der Heilungserfolg blieb aus - Hartmut Cortain wohnt seit einer Woche im Hospiz.

Während er mit der Gabel die heißen Kirschen von seiner Waffel angelt, redet er von seiner Krankheit, die man ihm nicht ansieht. Er hat Besuch. Seine Frau und Freunde sind gekommen - eine Atmosphäre, wie im heimischen Wohnzimmer. Hartmut Cortain strahlt einen bewundernswerten Optimismus aus: Man spürt, dass er akzeptiert, was ihm bevorsteht.

"Die Situation ist schlimm genug", sagt er. "Aber der Platz im Hospiz ist das Beste, was mir passieren konnte. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sich hier die Leute um einen kümmern." Von Anfang an fühlte sich Hartmut Cortain im Hospiz wohl und die Versorgung sei absolut einwandfrei. Die ganze Atmosphäre sei so normal - als ob überhaupt nichts wäre. Und das Wichtigste für ihn sei ohnehin, "wenn meine Frau Anne entlastet wird. Das ist auch eine große Entlastung für mich."

Draußen ist es mittlerweile dunkel. Die Weihnachtsfeier neigt sich ihrem Ende zu. Helga Reulecke, die Ehrenamtliche, sieht sich um und blickt in zufriedene und fröhliche Gesichter. "Die Leute denken, wir laufen hier im Hospiz nur mit Trauermienen herum. Das ist aber nicht so. Hier drinnen lebt man!"