Essen-Bergeborbeck. Anfang des Jahres beginnt die Emschergenossenschaft mit dem ökologischen Umbau der „Köttelbecke“. Der erste Spatenstich erfolgt in Bergeborbeck.

Ja, die Berne war einmal ein Fluss. Es fällt schwer, sich das vorzustellen, angesichts dieses in einer Betonschale eingezwängten Rinnsals, das an schlechten Tagen zu einer stinkenden Kloake verkommt. Erstaunt betrachten wir Fotografien aus früheren Tagen, als Kinder bis zu den Knien in dieser Brühe standen. Die Berne, die einmal ein Fluss war, diente ihnen als Abenteuerspielplatz. Obwohl das damals schon lebensgefährlich war. Dass es bestialisch gestunken haben muss, kann der Betrachter der alten Fotografien nur erahnen.

Das Spielen an der Berne ist heute streng verboten. Schilder weisen auf die Gefahr hin: Ein falscher Tritt und schon rutscht man aus auf dem glitschigen Grund des Rinnsals, das nach starken Regenfällen zu einem Sturzbach anschwellen kann.

Der Plan: den Naturzustand an der Berne wiederherstellen

In nicht allzu ferner Zukunft soll Kindern das Spielen an der Berne wieder erlaubt sein. Denn die Emschergenossenschaft wird auch diesen Fluss vom Abwasser befreien, um das Gewässer anschließend in einen natürlichen Zustand zurückzuversetzen. Im Januar kommenden Jahres soll unweit des Sulterkamp in Bergeborbeck der erste Spatenstich gefeiert werden.

Die Renaturierung der Berne ist Bestandteil des sogenannten Emscherumbaus. Ein riesiger Abwasserkanal entlang der Emscher von der Quelle bis zur Mündung in den Rhein ist im Bau. Im Jahr 2018 soll der Kanal ans Netz gehen. Der naturnahe Umbau der Nebenflüsse, allen voran der Berne, ist Bestandteil dieses Mammutprojektes. Gigantisch sind auch die Kosten: 4,5 Milliarden Euro investiert die Emschergenossenschaft in die Umgestaltung des Emschersystems. 350 Millionen davon fließen in die Berne, die am Bernewäldchen unweit des Verwaltungssitzes der Emschergenossenschaft an der Kronprinzenstraße entspringt, um im Untergrund zu verschwinden. Erst an der Grillostraße taucht sie wieder auf.

Wie die Berne wurde, was sie heute ist

Heute bedarf es sehr viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass dieser Fluss vor grauer Vorzeit einmal dahin mäanderte. Gar Störe schwammen einst in der Berne. Archäologen konnten dies anhand von Knochenfunden nachweisen, die sie in mittelalterlichen Abfallgruben fanden. Dass Essens Wiege am heutigen Burgplatz stand, ist alles andere als ein Zufall. Das zur Berne hin abfallende Gelände bot dort Menschen bereits in der Frühzeit Schutz, hier fanden sie Wasser und Nahrung. Noch vor 150 Jahren floss sie in ihrem natürlichen Bett dahin, speiste entlang ihres Verlaufs Teiche und Wassermühlen. Erst ab 1868 wurde die Berne kanalisiert, wurde das Bernetal zu weiten Teilen zugeschüttet.

Worüber wir heute die Nase rümpfen, war seinerzeit technischer Fortschritt. Denn durch Industrialisierung und die damit einhergehende Bevölkerungsexplosion war die Berne zur Kloake mutiert. Sie von der Oberfläche zu verbannen, befreite die Innenstadt von Gestank und Unrat.

Was die Emschergenossenschaft plant

Dieses Bild wurde 1936 aufgenommen: Die Berne führt Hochwasser, Schaulustige bekommen nasse Füße.
Dieses Bild wurde 1936 aufgenommen: Die Berne führt Hochwasser, Schaulustige bekommen nasse Füße. © Emschergenossenschaft

Nun dreht die Emschergenossenschaft die Zeit ein stückweit zurück. Das Abwasser soll in einen Kanal mit einem Durchmesser von 2,6 Metern verbannt werden. Von Bergeborbeck aus werden sich die Kanalbauer im unterirdischen Vortrieb vorarbeiten, zunächst gegen die Fließrichtung, später in 20 Metern Tiefe unter dem Rhein-Herne-Kanal hindurch, um den Berne-Kanal an den Emscherkanal anzuschließen. 2020 soll es soweit sein. Bis zu 70 Prozent des heutigen Berne-Durchflusses werden dann in den neuen Abwasserkanal geleitet. Erst danach geht es an die Renaturierung. „Vier Jahre werden wir dafür brauchen“, sagt Heinz-Peter Strux, Projektleiter von der Emschergenossenschaft.

Was dürfen wir danach erwarten? Nein, die Straßen in der Innenstadt werden sie nicht wieder aufreißen, um die Berne dort zurück ans Licht zu holen. Und dort, wo in ihrem Verlauf Regenrückhaltebecken entstehen, bleibt die Berne auch in Zukunft „Sperrgebiet“. Im übrigen Verlauf aber soll die Berne wieder mit der Zeit ein idyllisches Flüsschen werden. Nicht das, was es einmal war, aber eines, an dem die Kinder spielen dürfen.