Altendorf. . Kleingärtnervereine gibt es viele. Einer mit langer Tradition ist der KGV Altendorf, immerhin 100 Jahre alt.

Habe ich Lust, im Garten zu arbeiten, zu pflanzen und die Früchte zu ernten? Reicht meine Freizeit für die Anforderungen, die ein Garten stellt? Wird mein Partner gerne mitmachen, kann ich mich in einem Verein integrieren, bin ich bereit, aktiv am Vereinsleben teilzunehmen? Wer die Internetseite des Kleingärtnervereins (KGV) Altendorf besucht, wird unter der Rubrik „Info“ zunächst einmal aufgefordert, sich selbst zu prüfen.

„Ohne eine gewisse Ordnung geht es nun mal in keiner Gemeinschaft“, sagt Rainer Weddeling. Seit sechs Jahren ist der 65-jährige frühere Telekom-handwerker im Verein, seit knapp drei Jahren ist er Vorsitzender. „Wir wollen aber keineswegs das Uniforme“, betont der „Chef“ von zurzeit etwa 600 Mitgliedern, von denen 523 einen Garten besitzen. Bei einem Spaziergang durch eine der 19 Gruppen (= Anlagen) des Vereins belegen Bilder die Worte des Vorsitzenden. Da findet man – wenn auch zusehends weniger – den Nutzgarten mit Tomatensträuchern und Bohnenstangen gleich neben dem Garten, der vorwiegend durch Blumenpracht und einen akkurat geschnittenen Rasen beeindruckt. Jeder richtet sich seine Oase der Ruhe nach seinem Geschmack ein. Und trotzdem: Das BkleingG, das Bundeskleingarten-Gesetz, sozusagen das Grundgesetz der Laubenpieper, gibt die Richtung vor. Es schreibt zum Beispiel vor, dass eine Laube nicht mehr als 24 Quadratmeter Grundfläche haben darf oder ein Drittel der Gartenfläche Nutzgarten sein müsse – ganz im Sinne von Moritz Schreber, nach dem die Schrebergärten benannt wurden. „Mit Obstbäumen liegen wir deutlich über einem Drittel. Der Trend geht allerdings immer mehr zum Freizeitgarten hin – besonders bei jungen Familien. Da bedarf es einer Anpassung des Gesetzes.“ Überhaupt: Kleingärtnerei dürfe man nicht mit Kleinkariertheit verwechseln.

Als in Altendorf alles begann, war Freizeit ein Fremdwort. Es ging schlichtweg darum, den Hunger zu stillen. Die Versorgungslage verschlechterte sich im 1. Weltkrieg zusehends. Aus der Not heraus fanden sich Bürger zusammen, um Kartoffeln und Gemüse anzubauen. Das war auf einer Kuhweide des Bauern Schulte-Herbrüggen an der Hopfenstraße, da wo heute das Vereinsheim steht. Fotos und Dokumente gebe es aus dieser Zeit leider nicht. „Die Menschen hatten damals andere Sorgen“, sagt der Vorsitzende. Auch Fotos von den Tabakjahren, als zwischen 1945 und 1949 die gesamte Anlage einer Tabakplantage glich, hat der Verein nicht.

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„In 100 Jahren hat sich vieles verändert“, sagt Rainer Weddeling. Heutzutage sehen die Herausforderungen ganz anders aus. Da geht es beispielsweise darum, sich gegen Ideen zu Wehr zu setzen, Kleingartenanlagen auf städtischen Grund – und dazu gehört mit etwa 60 Prozent die Mehrheit – zu Bauland zu machen. Dass dies nicht im Sinne von Rainer Weddeling ist, bedarf eigentlich keiner besonderen Erwähnung. „Ist Essen nicht zur grünen Hauptstadt Europas gekürt worden? Ich glaube, dazu haben wir Kleingärtner einen nicht unerheblichen Teil beigetragen.“

Auch die Bevölkerungsstruktur hat sich in den vergangenen 100 Jahren verändert. Altendorf hat heute einen hohen Migrantenanteil, so um die 40 Prozent. Dieser, so betont Rainer Weddeling, spiegele sich auch im Kleingärtnerverein wider. Gelebte Integration. Darauf könne man mit Recht stolz sein. „Bei uns ist jeder willkommen, der sich an ein paar Regeln hält.“
Lust, im Garten zu arbeiten, zu pflanzen usw. sollte bei der Bewerbung um einen der wenigen freien Gärten aber hinzukommen.