Hier ist der Rasenmäher ein Ausstellungsstück und die Knieprothese ein Kunstwerk: Das Red Dot-Museum zeigt neue ausgezeichnete Produkte

Hier schweben Helikopter unter der Decke und der Vibrator F7 entfaltet seine „puristisch schlanke“ Eleganz zwischen Backform und Topfset. Die Welt der wohlgeformten Waren im Design Zentrum auf Zollverein ist wieder um etliche ausgezeichnete Exponate reicher. Gestern kamen Jury und Preisträger des Red Dot Design Award zur Gala, ab heute ist die Schau für alle geöffnet. Red-Dot-Initiator Prof. Peter Zec sprach mit Martina Schürmann über Trends und Werte.

Herr Zec, was ist der Red Dot Design Award heute? Ein Schaufenster für schöne Konsumgüter, ein Gütesiegel oder ein zunehmend wichtiges Verkaufs-Argument?

Wir verstehen uns als eine Art Qualitätsfilter. Das funktioniert ähnlich wie bei der Stiftung Warentest. Viele Produkte ähneln sich heute, da ist der Verbraucher auf das Experten-Gutachten angewiesen. Gerade in Bereichen, in denen wir schon ein hohes Design-Bewusstsein und einen Wahnsinns-Verdrängungswettbewerb haben, beispielsweise bei Handys, ist es natürlich kein Zufall, dass viele Firmen vermehrt mit dem „Red Dot“-Logo werben. Das heißt: Design allein reicht oft nicht mehr aus, man braucht noch die Expertise.

Unter 4600 Bewerbungen gab es diesmal nur 56 Mal die Bestnote, ist die Warenwelt inzwischen schon so perfekt, dass man sich kaum noch hervorheben kann?

Vor zwei, drei Jahren sahen alle Handys aus wie ein iPhone. Wenn ich mir das neue Jahrbuch anschaue, dann sehe ich, dass sich viele Handys wieder deutlich unterscheiden. Das gilt auch für Tablet-Computer. Die Firmen fangen an, neue eigenständige Wege zu gehen, so dass nicht mehr alles aussieht wie Apple. Das hat sicher auch mit Design-Preisen wie dem Red Dot zu tun, da sehen Firmen die Unterschiede und fangen an, ihre Produkte neu zu überdenken.

Aber warum brauchen Industrie-Güter wie Trecker oder Schaufelbagger einen Designpreis? Müssen Maschinen nicht einfach laufen?

Auch ein Bauarbeiter registriert mit Stolz, dass er einen ausgezeichneten Bagger fährt. Ich bin in Berlin mit einem Gebietshauptvertreter für Reisebusse befreundet, der ist aus dem Häuschen, seit sein Bus eine Design-Auszeichnung bekommen hat. Es geht natürlich um Handhabung, Nutzerfreundlichkeit, aber es geht auch um die Identifikation mit dem Produkt, gerade im täglichen Gebrauch.

Und was hat der Verbraucher von solchen Auszeichnungen?

Der Normalverbraucher denkt bei Design meist nur an die schönen und manchmal auch überflüssigen Dinge wie Möbel und Autos. Aber gutes Design betrifft uns heute überall. Wer schon mal in einer MRT-Röhre behandelt worden ist, der weiß, dass es einen Unterschied macht, ob man in eine 08/15-Kiste geschoben wird oder in ein gut gestaltetes Gerät. Da wird darauf geachtet, dass die Leute keine Platzangst bekommen und dass man Vertrauen zu der Maschine hat. In dieser Hinsicht hat auch die Gesundheitsreform Positives bewirkt. Wenn ich selber bezahlen muss, fange ich auch an zu vergleichen. Und das hat die Hersteller motiviert. Es gibt einen Prothesenhersteller, Otto Bock, der ist bei uns seit Jahren erfolgreich. Zunächst scheint es verwunderlich, sich mit einer Knieprothese beim Designwettbewerb anzumelden. Aber das Produkt ist ein Kunstwerk.