Neue Sänger, neue Dirigenten, neue Schwerpunkte: Aalto-Intendant Hein Mulders eröffnet die erste Spielzeit mit Raritäten von „Jenufa“ bis „La Straniera“.

Zu jedem Anfang gehört das erwartungsvolle Rätselraten. Was wird unter dem neuen Intendant anders und vor allem; wie anders wird es denn? Bei seiner ersten Spielplan-Vorstellung im Aalto-Theater ließ Hein Mulders, künftiger Doppel-Intendant von Oper und Philharmonie, wissen, dass er dem Haus eine neue Farbe verleihen will, ohne die alte gänzlich zu übermalen. Seine erste Spielzeit hat er unter das Thema „Schicksal“ gestellt.

Die Premieren

Unter der Ägide von Stefan Soltesz ist das Haus zur Wagner-Hochburg geworden. Auch Richard Strauss hat Sternstunden beschert. Aalto-Intendant Hein Mulders setzt vermehrt auf Opern, die noch nie oder selten in Essen zu erleben waren. Dem Auftakt mit Verdis „Macbeth“ folgt Massenets „Werther“. Mit „La Straniera“, der „Fremden“ von Vincenzo Bellini hat sich das Aalto gegen den üblichen Belcanto-Hit entschieden. Händels „Ariodante“ gibt einen Vorgeschmack auf Mulders Liebe zur Barockmusik. Auch Leoš Janáčeks Kindsmord-Drama „Jenufa“ ist eine Spielplan-Rarität.

Junge Regisseure

Der Generationenwechsel findet nicht nur im Orchestergraben statt. Anstelle der Altmeister wie Hilsdorf oder Lehnhoff werden junge Talente wie der deutsch-französische Opernregisseur David Herrmann , sein niederländischer Kollege Jim Lucassen oder der aus Venezuela stammende Carlos Wagner erstmals in Essen ihre Visitenkarte abgeben. Lange gedauert hat es, bis der von großen Häusern seit Jahren umworbene, gebürtige Essener Christof Loy in seiner Heimatstadt inszeniert. Loy zeigt Bellinis „La Straniera“ als Koproduktion mit der Oper Zürich und dem Theater an der Wien. Der Kanadier Robert Carsen ist mit seinem Janáček-Zyklus in Antwerpen schon früh bekannt geworden. 2004 inszenierte er dort auch bereits die Janáček-Oper „Jenufa“.

Neue Namen

Das Ensemble wird zur Hälfte wechseln, doch vertraute Stimmen von Jeffrey Dowd oder Michaela Selinger, Heiko Trinsinger, Reiner Maria Röhr oder Marie-Helen Joël bleiben. Große Veränderungen gibt es im Orchestergraben. Wo man seit vielen Jahren verlässlich auf Generalmusikdirektor Stefan Soltesz treffen konnten, herrscht nun ein reges Kommen und Gehen. Mit Tomáš Netopil, der weiterhin auch am Nationaltheater Prag dirigieren wird, kommen mehr als ein halbes Dutzend Gastdirigenten ans Haus, Spezialisten ihres Fachs. Ein Farben-Wechsel, der das Orchester herausfordern, aber auch bereichern soll, sagt Mulders.

Die Schwerpunkte

Mit dem Tschechen Tomáš Netopil wird die „slawische Seele“ künftig einen besonderen Platz im Spielplan haben, neben Mozart. Die Reihe der Sinfoniekonzerte beginnt Netopil dabei programmatisch mit Mahler und Musik seines Landsmanns Jan Václav Voříšek. „Prag, goldene Stadt“ ist ebenso Teil dieser Bekenntnismusik. Die Feiern zum 150. Geburtstag von Richard Strauss verbindet man mit einer großen Uraufführung: einem Auftragswerk von Wolfgang Rihm.

Das Begleitprogramm

„In keinem anderen Haus in Deutschland wird man vom Publikum so oft angesprochen wie in Essen“ hat der neue Chefdramaturg Alexander Meier-Dörzenbach bereits erfreut zur Kenntnis genommen. Dieser „unprätentiösen Neugier“ will man mit einem breiten Vortrags- und Vermittlungsangebot begegnen, auch in enger Kooperation mit dem Schauspiel. Musikalische Programmpunkte sollen immer wieder beziehungsreich mit anderen Sparten verknüpft werden. Auch die Kooperation mit der Folkwang-Uni wird verstärkt.