In „On the roll“ von „Tanzmoto“-Leiter Mohan C. Thomas stehen Gehbehinderte, Profis und 40 Laien gemeinsam auf der Bühne der Essener Lichtburg.

Können Rollstuhlfahrer tanzen? In der Disco, natürlich. Doch beim künstlerisch choreographierten Ausdruckstanz auf großer Bühne stellt sich die Frage neu. Die Antwort darauf geben die „Tanzmoto Dance Company“ aus Essen, sechs Gehbehinderte und 40 Laientänzer von 9 bis 70 Jahren mit „On a roll“ am Sonntag, 10. März, ab 13 Uhr in der Lichtburg.

Konzentriert sitzt der Mann im weißen Trikot mit den muskulösen Armen und Schultern mit seinem Rollstuhl im Spotlight. Die Musik setzt ein, der Oberkörper gerät in Bewegung, dreht sich, windet sich, der Kopf wiegt hin und her, die Arme geraten ins Fließen, versetzen zwischendurch den Stuhl in Kreisbewegungen, rechts herum, links herum, noch eine Drehung, dann eine Pirouette, noch schließlich lässt er sich fallen, setzt die Choreographie auf dem Boden fort. „Für mich war das auch Neuland“, kommentiert der 39-Jährige Fabian Dirler. sein Solo in „On a roll“.

Das war es nicht nur für den gehbehinderten Ideengeber. Auch sein Freund, der Choreograph und „Tanzmoto“-Leiter Mohan C. Thomas, betrat mit dem 100-Minuten-Stück Neuland. Schmerz, Freude, aber auch die eigenen Grenzen überschreiten, das alles fließend, rollend und mit künstlerischem Anspruch, der über ein reines Inklusionsprojekt – dem gleichrangigen Miteinander von Behindertem und Nicht-Behindertem aus Augenhöhe – hinausgeht: Gar nicht so einfach war die Aufgabenstellung, als es im vergangenen Jahr mit den Proben losging. Nach drei Monaten stand das Stück, im November feierte man eine viel beklatschte Premiere in Marl. Bis dahin war es aber ein gutes Stück Weg.

Schulen zeigten wenig Interesse

„Von den Tänzern hatten die meisten noch nie einen Rollstuhl in einer Tanzbewegung gesehen. Auch ich musste am Anfang bestimmte Hemmungen überwinden“, schildert Regisseur Thomas seine Erfahrungen: „Man schaut weg oder will extra behilflich sein“, erläutert er auch den eigenen Lernprozess. Hilfe bekam er von fünf Profis aus seiner „Tanzmoto“-Truppe. Auch die Laien stammen aus den beiden „Dancing Schools“ von „Tanzmoto“ in Kettwig und Marl.

Natürlich war die aufwändige Bühnenproduktion mit viel Bewegung für die Gehbehinderten eine neue Sache. „Sie mussten sich erstmal an das Tempo gewöhnen, das nicht nur das Stück selbst, sondern auch die Proben mit sich gebracht haben“, berichtet Tanzpädagogin Maria Lucia Agon.

Rekrutiert hatte die Gehbehindetren übrigens Fabian Dirla, der beruflich in der Rollstuhlbranche arbeitet. Von den einschlägigen Schulen hatte es nur verhaltene Reaktionen gegeben. Fabian Dirla: „Man hatte es wohl den Schülern nicht zugetraut.“ Dabei können Rollstuhlfahrer doch tanzen.