„Einmal auf so einer ganz ganz, großen Bühne stehen – megakrass!“ Für Katja Romanski hat sich am Freitagabend ein Traum erfüllt. Zusammen mit elf weiteren jungen Mitstreitern zeigt die 17-Jährige im Casa „Ungehorsam – ein klassisches Drama“. Mit dem selbst verfassten Stück eröffnen die „Young Experts“ die „Spielschau Essen“, das erste Festival der theaterpädagogischen Abteilung des Schauspiels Essen.

Viel Aufregung in der Maske: Wo sonst nur die Profis gestylt werden, schmeißen sich nun die Zwölf- bis 18-jährigen Nachwuchstalente in Schale, richten sich gegenseitig die Krawatte, lassen sich frisieren und schminken. „Lass dich anspucken“, fordert einer den anderen auf, beim glücksbringendem Premierenritual mitzumachen: das gegenseitige kreuzweise Dreimal-über-die-Schulter-Spucken. Auch mit gemeinsamem Singen vertreiben die Schüler das Lampenfieber.

Knapp sieben Monate haben sie auf diesen Abend hingearbeitet, haben zusammen mit den Theaterpädagogen Frank Röpke und Katharina Feuerhake am Text gewerkelt, gelernt, geprobt – und ganz nebenbei noch dem alltäglichen Schulstress gestellt. Warum tun sich die Schüler diese Mehrbelastung an? „Aus Spaß“, sagt die zwölfährige Lara Bußmann. „Man lernt viel über sich selbst.“ Was denn genau? Lara überlegt: „Wie man auf andere wirkt.“

Für Katja ist die Teilnahme durchaus mehr als nur Spaß, träumt die Schülerin doch von einer Bühnenkarriere. Dafür tut sie einiges, engagiert sich nicht nur bei den „Young Experts“, der Jugendgruppe des Schauspiels, sie gehört auch zum Ensemble des Krayer Amateurtheaters „Studio-Bühne“, war mit deren Produktionen bereits zu Gast in Essens russischer Partnerstadt Nischni Nowgorod. „Es ist ein tolles Gefühl, auf der Bühne zu stehen und mitzubekommen, wie das Publikum reagiert“, beschreibt sie die Faszination, die diesen Berufswunsch bei ihr auslöst – ein Berufswunsch, den viele ihrer Mitspieler übrigens teilen. Anna Schrepper allerdings winkt ab: „Bei mir soll die Schauspielerei Hobby bleiben“, gibt sich die 16-Jährige bodenständig.

Dieses Hobby auszuüben mache ihr die Schule jedoch nicht gerade leicht, bedauert sie. Schuld sei das G8-Abitur: Dadurch, dass man das Gymnasium nun bereits nach acht statt bisher nach neuen Jahren regulär beendet, bleibe weniger Zeit für Engagement außerhalb der Schulbank – ein Umstand, den sie auch in ihrem Stück ausreichend kritisieren. Doch worum geht es denn generell in „Ungehorsam “?

Ausgehend von Peter Handkes „Publikumsbeschimpfung“ bietet das Ensemble selbstironische Einblicke in das Seelenleben von Jugendlichen und auf die Theaterwelt, gewürzt mit Witz, Spielfreude und verrückten Ideen – etwa wenn die Zuschauer kollektiv in Geiselhaft genommen werden, um „Liebe für alle, einen Fluchtwagen und die Abschaffung von G8“ zu fordern.

Am Ende: viel Applaus, Erleichterung, stürmisch gratulierende Eltern Freude bei der heiß ershnten Premierenparty. Der Traum vom Bühnenruhm: Selten ist er für die Jugendlichen so lebendig wie in diesem Moment.