Der frühere Leiter des künstlerischen Betriebsbüros des Aalto-Theaters, Gerard S. Kohl, feiert heute seinen 80. Geburtstag. Seit 1963 arbeitet er für die Essener Bühnen.
Er zählt nicht nur zur kleinen Riege der Ehrenmitglieder der Theater und Philharmonie GmbH (TuP), sondern gehört auch zu denen, die man mit Fug und Recht als „Urgestein“ der Essener Theaterszene bezeichnet: Gerard S. Kohl. Heute feiert er seinen 80. Geburtstag. Im kommenden Jahr wird er ein halbes Jahrhundert für die Essener Bühnen gearbeitet haben. Denn auch mit 80 betreut er immer noch das Archiv im Aalto-Theater.
„Eigentlich wollte ich in dem Alter aufgehört haben mit dem Theater“, sagt Gerard S. Kohl. Aber wer sich in seinem Archivraum im dritten Untergeschoss des Theaters umschaut, wird noch unausgepackte Kisten entdecken. In diesem Fall stammen sie aus dem Nachlass von Alfred Noller, Intendant der Essener Bühnen von 1932 bis 1940. In den Regalen reihen sich die Jahrbücher der deutschsprachigen Bühnen aus mehr als einem Jahrhundert. Auch die Essener Spielzeiten können seit der Eröffnung des Grillo-Theaters 1892 fast nahtlos rekonstruiert werden.
Dass er selbst einmal im Archiv landen würde, hatte sich Gerard S. Kohl (das Geheimnis um seinen zweiten Vornamen will er partout nicht lüften) 1963 auch nicht träumen lassen. Damals bekam der aus der Lutherstadt Eisleben Gebürtige sein erstes Engagement in Essen. Im Chor, noch unter Erich Schumacher, dem ersten von sechs Intendanten, die Kohl erlebte. Allerdings hätte es sich der gelernte Großhandelskaufmann zehn Jahre davor auch nicht träumen lassen, professionell auf der Bühne zu stehen.
Soziales Engagement
Nach der Flucht aus der DDR über die damals noch grüne Grenze schlug er sich zunächst als Knecht durch, bei einem Bauern in Sprockhövel. Singen konnte er schon damals. Und so „schmuggelte“ Kohl, der bis heute kein Blatt vor den Mund nimmt und sicher auch damals schon selbstbewusst auftrat, sich 1954 bei einem Talentwettbewerb auf der Düsseldorfer Messe ein. Alles weitere klingt fast schon bühnenreif. Eine Gesangsprofessorin aus der Jury schickte ihn nach Essen an die Folkwang-Schule. Neben einem Bürojob studierte er zunächst „in Teilzeit“. Nach dem Abschluss sang er ein Jahr im Chor der Oper Münster. Und dann kam auch schon Essen. Elf Jahre Opernchor mit kleineren Solopartien. Es folgten vier Jahre in der Dramaturgie, bevor er 1978 die Leitung des künstlerischen Betriebsbüros der damaligen Essener Bühnen übernahm. Diese Dispositionsaufgabe für den gesamten Bühnenbereich einschließlich der Sorge um Vertretungen im Krankheitsfall hatte er auch seit Eröffnung des Aalto-Theaters 1988 bis zu seiner Pensionierung 1997 inne.
Seither kümmer sich Gerard S. Kohl neben dem Archiv auch um die Kartei der ehemaligen Bühnenangehörigen. Alle bekommen ihren Geburtstagsgruß, soziales Engagement bedeutet ihm viel. Heute wird er selbst den Tag am Telefon verbringen. Vor einem Jahr erreichten ihn etwa 160 Glückwünsche. Heuten dürften es einige mehr werden.
Der Thespiskarren
Gerard S. Kohl, der auch zum vorstand des Essener Theaterrings gehört, organisiert seit drei Jahren den „Thespiskarren“, ein Treffen für ehemalige Künstler und Mitarbeiter der Essener Bühnen, das der Theaterring 1994 ins Leben rief. Die alle zwei Monate stattfindende Zusammenkunft (von Anfang an im Restaurant Dalmatien an der Hohenzollernstraße) findet am 18. April bereits zum 80. Mal statt.