Grillo-Bühnenmeister Kalle Spies wechselt für eine Produktion des Amateurtheaters Studio-Bühne die Seiten.

Das Theaterleben ist ihm alles andere als fremd: Seit 27 Jahren sorgt Kalle Spies als Bühnenmeister dafür, dass die Schauspieler nicht im leeren Raum agieren müssen. Doch nun hat er selbst die Bretter, die die Welt bedeuten, erobert: Auf der kleinen Krayer Studio-Bühne erweist er sich in dem Drama „Von Mäusen und Menschen“ als wahrer Charakterdarsteller.

Candy ist eine tragische Figur. Ein alter Farmarbeiter, der von einem besseren Leben träumt, stattdessen aber bei seinem Knochenjob einen Arm verliert. Eine Nebenfigur in der Adaption von John Steinbecks Novelle zwar nur, aber eine, die Kalle Spies mit so viel Intensität ausfüllt, dass man nicht glauben mag, dass der 53-Jährige kaum über Schauspielerfahrung verfügt.

„Ich habe mich sofort in die Rolle hineinfühlen können“, erzählt er. Zwar sei er im Gegensatz zu Candy jemand, der mit beiden Beinen im Leben stehe, einen guten Job habe. „Das heißt aber nicht, dass ich nicht auch schlechte Erfahrungen gemacht habe, die ich einfließen lassen konnte.“

Von den Profis lernen

Nicht zuletzt helfe ihm auch sein Job: „Während meines Dienstes sehe ich immer sehr intensiv von der Seite zu“, verrät der Bühnenmeister, „da habe ich mir eine Menge von den Profis abschauen können.“

Requisiten gesucht

Die nächsten Vorstellungen von „Von Mäusen und Menschen“ in der Studio-Bühne Korumhöhe 11, sind am 3., 4., 15. und 16. März.
Für zwei weitere Produktionen sucht das Amateurensemble noch Requisiten: Für eine Grusellesung wird ein Skelett benötigt, für ein Fußballprojekt gebrauchte RWE-Fanartikel. Kontakt: 55 15 05,
www.studio-buehne-essen.de

Dass er bei dieser Amateurproduktion nun auf der Bühne steht, anstatt hinter den Kulissen buchstäblich die Strippen zu ziehen, war „purer Zufall“: „Vor drei Jahren habe ich bei einem frei produzierten Jugendstück mitgewirkt, zu dem mich ein bekannter Therapeut vermittelt hat.“ Eigentlich dachte er, seine handwerklichen Fähigkeiten im bühnentechnischen Bereich seien gefragt bei der Koproduktion zwischen der Suchtfachklinik Kamillus und dem Jugendpsychiatrischen Dienst. „Stattdessen stand ich dann als alkoholkranker Vater auf der Bühne“, schmunzelte er. „Charakterrollen scheinen mir offenbar zu liegen.“

Dieser Meinung war offenbar auch Sandy Tomsits: Die Regisseurin dieser Jugendproduktion war es, die Kalle Spies zur Studio-Bühne vermittelt hat. „Die Chemie zwischen ihm und dem Team hat sofort gestimmt“, freut sich die künstlerische Leiterin Kerstin Plewa-Brodam.

Überlegt habe er nur kurz, als die Anfrage kam, gibt Kalle Spies zu. „In mir steckt halt doch eine Rampensau“, gibt er zu und erzählt gleich, wie er vor Jahren beim Tag der Offenen Tür beim Technikerballett die Schwanenprinzessin gab. Dennoch war die Angst dann groß. „Ich hatte Angst davor, wie die Kollegen reagieren“. Und auch jetzt noch habe er „tierisches Lampenfieber“ vor jedem Auftritt.

Doch das Publikum applaudiere nach jeder Vorstellung Minuten lang und auch die Grillo-Kollegen seien begeistert. „Eine Kollegin hat sogar die Kantine mit Kopien der Kritik tapeziert“, sagt er stolz.

Vollends die Seiten wechseln wolle er aber dennoch nicht. „Ich bin mit meinem Job glücklich“, sagt Spies mit einem verschmitzten Lächeln. Aber als Hobby werde er wohl noch öfters den Rollentausch vollführen. „Da habe ich jetzt richtig Blut geleckt.“